Übernahme von E-Plus durch Telefónica genehmigt

Die Europäische Kommission hat nach eingehender Prüfung die geplante Übernahme des deutschen Mobiltelekommunikationsgeschäfts des niederländischen Telekom-Betreibers KPN, E-Plus, durch Telefónica Deutschland (Telefónica) nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt.

 

Die Genehmigung ist jedoch an die vollständige Umsetzung eines von Telefónica vorgelegten Verpflichtungspakets gebunden. Das fusionierte Unternehmen muss demnach unter anderem 30 Prozent seiner Netzkapazität verkaufen.

448px-Entel_y_TelefónicaDer für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, Joaquín Almunia, erklärte dazu: „Die von Telefónica eingegangenen Verpflichtungen gewährleisten, dass die Übernahme von E-Plus den Wettbewerb auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt nicht beeinträchtigen wird. Verbraucher werden weiterhin in den Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Marktes kommen.“

Die Kommission hatte Bedenken, dass durch den Zusammenschluss in der ursprünglich angemeldeten Form zwei enge Wettbewerber und wichtige Wettbewerbskräfte vom deutschen Mobilfunkmarkt entfernt werden würden, und die Stellung von Betreibern virtueller Mobilfunknetze und Diensteanbietern zum Nachteil der Verbraucher weiter geschwächt hätte. Um diese Bedenken auszuräumen, hat Telefónica Verpflichtungen angeboten, um zu gewährleisten, dass neue Wettbewerber Zugang zum Mobilfunkmarkt in Deutschland haben werden und die Stellung der bestehenden Wettbewerber gestärkt wird. Mit diesen Verpflichtungsangeboten wurden die Bedenken der Kommission ausgeräumt. Siehe auch MEMO/14/460.

Das Vorhaben würde zu einem Zusammenschluss des dritt- und des viertgrößten Mobilnetzbetreibers in Deutschland und zu einer Marktstruktur mit drei Netzbetreibern vergleichbarer Größe führen. Zusätzlich zu dem Wettbewerbsverlust zwischen den fusionierenden Unternehmen, die derzeit enge Wettbewerber auf Einzelhandelsebene sind, würde der Zusammenschluss E-Plus und Telefónica als wichtige Wettbewerber aus dem Markt nehmen und ihre Anreize für einen aggressiven Wettbewerb verändern. Auch die Anreize für die anderen Netzbetreiber – wie die Deutsche Telekom und Vodafone -, einen aggressiven Wettbewerb zu betreiben, würden abnehmen. Die Möglichkeiten und die Anreize anderer Marktteilnehmer, d. h. der Betreibern virtueller Mobilfunknetze, der Dienstleister und der Wiederverkäufer, auf die Netzbetreiber einen Wettbewerbsdruck auf Einzelhandelsebene auszuüben, sind bereits heutzutage beschränkt und würden nach dem Zusammenschluss weiter abnehmen. Darüber hinaus ist der Markt, auf dem es keine ausgleichende Nachfragemacht seitens der Endverbraucher gibt, durch hohe Eintrittsschranken für neue Wettbewerber gekennzeichnet. In Anbetracht all dieser Gründe hatte die Kommission Bedenken, dass der Zusammenschluss in seiner ursprünglichen Form Preissteigerungen und eine Beschränkung des Wettbewerbs zu Lasten der deutschen Verbraucher bewirken würde.

Die Verpflichtungen

Um diese Bedenken auszuräumen, hat Telefónica Verpflichtungen angeboten, die drei wesentliche Komponenten enthalten:

1) Erstens bot Telefónica ein Verpflichtungspaket zur Gewährleistung des kurzfristigen Markteintritts oder der Expansion eines oder mehrerer Betreiber virtueller Mobilfunknetze (MVNO) an, die mit dem neuen Unternehmen konkurrieren werden. MVNO bieten über den Zugang zum Netz von Netzbetreibern (MNO) Mobilfunkdienstleistungen an. Telefónica verpflichtet sich, vor dem Abschluss des Zusammenschlusses bis zu 30 Prozent der Netzkapazität des neuen Unternehmens zu verkaufen, und zwar an einen oder mehrere (bis zu drei) MVNO in Deutschland zu genau festgelegten Zahlungen. Diese Kapazität wird in Bandbreite gemessen, und die in den Markt eintretenden MVNO werden einen speziellen „Kanal für Sprach- und Datenverkehr“ des Netzes des zusammengeschlossenen Unternehmens nutzen können. Dieses Modell ist effizienter als das von MVNO und Diensteanbietern in Deutschland üblicherweise – und in Europa in der Regel – verwendete Pay-as-you-go-Modell, bei dem sich das Entgelt für den Netzzugang nach der tatsächlichen Nutzung durch die Kunden richtet. Die einschlägige Prüfung der Kommission hat darüber hinaus ergeben, dass das Modell für den deutschen Telekommunikationsmarkt geeignet ist. Da die den MVNO zur Verfügung stehende Kapazität im Voraus festgelegt ist, werden diese einen stärkeren Anreiz haben, diese Kapazität durch attraktive Preise und innovative Dienstleistungen auszuschöpfen.

Diese Maßnahme gewährleistet, dass mit der nötigen Wahrscheinlichkeit bis zu drei MVNO Zugang zum deutschen Markt haben werden. Sie werden in der Lage sein, zusammen mit den drei übrigen Mobilfunknetzbetreibern (MNO) und den sonstigen (Nicht-MNO)-Marktteilnehmern ein ausreichendes Maß an Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt für Endkunden zu erreichen, so dass die Ausschaltung von E-Plus keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gäbe.

2) Zweitens bietet Telefónica an, ein Radiowellenspektrum und sonstige Vermögenswerte zu veräußern, und zwar entweder an einen neuen MNO-Marktteilnehmer oder in der Folge an die MVNO, die die Netzkapazität aufgrund des ersten Teils der Verpflichtungen übernehmen werden. Diese Vermögenswerte in Verbindung mit der geplanten von der deutschen Telekom-Regulierungsbehörde durchzuführenden Frequenzauktion könnten den Marktzutritt oder die Entwicklung eines neuen MNO auf dem deutschen Markt in der Zukunft erleichtern.

3) Drittens verpflichtet sich Telefónica dazu, bestehende Großkunden-Vereinbarungen mit den Partnern von Telefónica und E-Plus (d. h. MVNO und Diensteanbieter) auszuweiten und in der Zukunft 4G-Dienstleistungen für Großkunden allen interessierten Marktteilnehmern anzubieten. Darüber hinaus verpflichtet sich Telefónica, die Möglichkeiten seiner Großkunden-Partner, ihre Kunden von einem MNO zu einem anderen durchzuschalten, zu verbessern.

Diese Maßnahme stärkt die Position der deutschen MVNO und Diensteanbieter, denen Telefónica oder E-Plus derzeit Zugang auf Vorleistungsebene gewähren, da es ihnen die Planungssicherheit für 2G- und 3G-Dienste zusichert. Darüber hinaus kann die Möglichkeit, Zugang zu 4G-Diensten zu erhalten, selbst wenn sie nicht in Anspruch genommen wird, durch die MVNO und Diensteanbieter in Deutschland genutzt werden, um ihre Verhandlungsposition gegenüber der Deutschen Telekom und Vodafone zu verbessern.

Diese Verpflichtungen räumen die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission aus, da sie den verschiedenen Arten von Wettbewerbern und Geschäftsmodellen, die auf dem deutschen Markt vorhanden sind, sowie den Marktgegebenheiten, z. B. der bedeutenden Zahl von MVNO und Diensteanbietern in Deutschland, Rechnung tragen.

Die Kommission ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der geplante Zusammenschluss in der durch die Verpflichtungszusagen geänderten Form keinen Anlass mehr zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gibt. Die Genehmigung erfolgt jedoch unter der Auflage, dass die Verpflichtungen vollständig eingehalten werden.

Hintergrund

Telefónica hat die geplante Übernahme von E-Plus am 31. Oktober 2013 bei der Kommission angemeldet. Am 20. Dezember 2013 leitete die Kommission daraufhin eine eingehende Prüfung ein (siehe IP/13/1304). Am 26. Februar 2014 wurde eine Mitteilung der Beschwerdepunkte angenommen, in der die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission dargelegt wurden. Während des gesamten Verfahrens arbeitete die Kommission eng mit der deutschen Wettbewerbsbehörde und der für Telekommunikation zuständigen deutschen Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur, zusammen.

EU Kommission 02.07.2014, Bild Wikipedia

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