500-Euro-Schein abgeschafft: EZB läutet Ende des Bargeld-Zeitalters ein

Uwe Fraust |

Wir leben in einer Zeit der finanzpolitischen Tabubrüche. Wer hätte es noch vor einemJahrzehnt gedacht, dass es 2016 so gut wie nichts mehr kostet, Schulden zu machen? Dass Staaten sich durchs Schuldenmachen entschulden, weil ihre Außenstände an Wert verlieren? Und dass Sparer für ihre Treue und Risikoaversion gleich mehrfach bestraft werden? Seit einigen Tagen ist die Liste der staatlichen Geld-Grausamkeiten um eine weitere Kuriosität reicher: Die EZB will den 500-Euro-Schein abschaffen. Sie haben richtig gelesen – was monatelang als Gerücht durch die Medien ging, wird spätestens 2018 zur Realität.

500 € ScheineÜber Jahrhunderte hatten Politiker offenbar kein Problem mit großen Scheinen – diegrößte Banknote im Zeitalter der Deutschen Mark, der 1000-Mark-Schein, war sogar ein bisschen wertvoller als der 500-Euro-Schein. In den Niederlanden war ebenfalls bis zuletzt eine 1000-Gulden-Note im Gegenwert von etwa 450 Euro im Umlauf. Die Schweiz vertraut bis heute auf einen 1000-Franken-Schein (etwa 900 Euro). Doch der Trend zu „kleinen Scheinen“ kommt – wie so viele zweifelhafte Finanz-Instrumente – aus den USA. Dort wurden die Banknoten im Wert zwischen 1.000 und 100.000 US-Dollar bereits im Jahr 1934 letztmalig ausgegeben. Sie sind zwar bis heute gültig und werden von der Zentralbank umgetauscht, sollen jedoch vom täglichen Zahlungsverkehr ferngehalten werden.

Nach diesem Vorbild hat die Europäische Zentralbank nun das Schicksal der 500-Euro-Banknote besiegelt. Spitzenpolitiker in Brüssel werden nicht müde, die vermeintlichen Gründe für die Abschaffung der großen Banknote herunterzubeten. Die organisierte Kriminalität, so ist immer wieder zu hören, soll damit bekämpft werden. Denn 500-Euro-Scheine landen angeblich fast ausschließlich in den Händen von finsteren Gestalten – bei der Europäischen Zentralbank hat offenbar noch niemand seinen Neuwagen in bar bezahlt oder lieben Angehörigen mit einem großzügigen Geldgeschenk zur Hochzeit eine Freude gemacht.

Auch wenn es von den Verantwortlichen in Brüssel bis heute bestritten wird – die Abschaffung des 500-Euro-Scheins ist der Anfang vom Ende des Bargeldes und ein Lauschangriff auf den mündigen Bürger. Der kann nämlich künftig nicht mehr „ein paar Scheine“ diskret und für Einbrecher schwer aufspürbar als eiserne Reserve zurücklegen, sondern muss sein Erspartes stapelweise in Scheinen zu 100 oder 200 Euro stückeln – oder es aufs Konto bringen, wo Staat und Banken jederzeit Einblick nehmen oder den Zugriff beschränken können. Auch wenn Otto Normalverbraucher von der Abschaffung des 500-Euro-Scheins nicht sofort betroffen ist, wird er perspektivisch unter der Entscheidung leiden – als gläserner Bürger, der unter Generalverdacht gestellt wird, weil er sein Erspartes sichern will.

Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass in den vergangenen Monaten immer mehr Investoren auf eine Ersatzwährung ausweichen, die – ähnlich wie der 500-Euro-Schein – viel Wert auf geringem Raum speichert: Gold ist in den vergangenen fünf Monaten zum Anlagegewinner des Jahres 2016 geworden.

Während die Aktienmärkte zum Jahresbeginn empfindlich Federn gelassen haben und seitdem ohne Kraft vor sich hindümpeln, hat Gold eine Hürde nach der nächsten genommen.

Und noch besser hat sich der „kleine Bruder“ des Goldes entwickelt – inzwischen spielen sich bei Edelmetallhändlern wie Emporium wieder solche Szenen ab, die zuletzt 2008 nach der Finanzkrise und 2011 während des Höhepunkts der Edelmetall-Hausse zu beobachten waren: Die Kunden geben sich nicht mit einzelnen Silber-Unzen zufrieden, sie schleppen die Bullionmünzen in Tubes (20-25 Stück) oder Masterboxen (400 – 500 Stück) nach Hause. Wenn sich dieser Trend fortsetzt – und davon ist nach dem Andrang der letzten Wochen auszugehen – dürften schon bald die ersten Silber-Motive knapp werden.

Alternative Wertspeicher stehen im Jahr 2016 hoch im Kurs: In den vergangenen Wochen haben sich die Meldungen gemehrt, nach denen institutionelle Anleger wie Versicherungen ihre Bankeinlagen abgezogen und in Bargeld oder Gold umgeschichtet haben. Strafzinsen von 0,4 Prozent für hohe Einlagen sollen damit vermieden werden. Konzerne wie der Rückversicherer „Munich Re“ und viele andere setzen in einer Zeit des digitalen Geldes auf physische Sicherheit – deutlicher kann ein Mißtrauensvotum gegenüber der EZB-Politik nicht ausfallen. Und weil sie künftig keine frischen 500-Euro-Scheine bekommen werden, dürften sie ihre Goldvorräte schon bald weiter ausbauen.

Wenn diese Nachfrage auf dem Markt für physische Edelmetalle ankommt, dürfte es dann auch endlich für die Gold-Gegner schwierig werden, den Preis für das Metall an den Terminmärkten zu drücken. Denn spätestens, wenn keine goldenen und silbernen Münzen mehr vorrätig sind, wird das Gebot von Angebot und Nachfrage den weiteren Kurs von Gold und Silber bestimmen.

 

 

Bild: Andrea Damm, Pixelio

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