Internationaler Frauentag: Die Corona-Krise als Hürde und Chance für mehr Gleichberechtigung

Wie jedes Jahr werden auch an diesem 8. März die Rechte gefeiert, die sich Frauen bisher erkämpft haben, und an die Ungerechtigkeiten erinnert, die noch immer zum Alltag gehören. Gleichzeitig steht der Internationale Frauentag selbst in der Kritik: Es handle sich bei dem Aktionstag bloß um „symbolische Schmeichelei“, der mit „realer Gleichberechtigung“ nicht viel zu tun habe, so Alice Schwarzer, eine der bekanntesten Feministinnen Europas und Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma“, in einer Videokolumne. Deshalb fordert sie die Abschaffung des Weltfrauentags. Hand aufs Herz: Was hat der Internationale Frauentag wirklich für die Gleichberechtigung von Frauen geleistet? Warum sollte an nur einem Tag im Jahr auf Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufmerksam gemacht werden, damit es für den Rest des Jahres wieder „business as usual“ heißen darf? Schon seit einiger Zeit werden die Rufe unter FeministInnen lauter, die die Existenz des Weltfrauentags als bloßes Aufmerksamkeitstheater abtun. Viel angebrachter als ein Blumenstrauß, ein Facebook-Post, eine Sondersendung oder eine nette Rede wäre doch Realpolitik, die tatsächlich mit den Ungerechtigkeiten aufräumt, mit denen sich Frauen tagtäglich und in unterschiedlichen Lebensbereichen auseinandersetzen müssen. Einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge hat Deutschland einen der höchsten Gender Pay Gaps in ganz Europa. Jetzt hat auch die Corona-Krise unmissverständlich verdeutlicht: An der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Deutschland muss noch einiges getan werden. Es sind überwiegend Frauen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Gleichzeitig werden sie häufiger Opfer häuslicher Gewalt. Hinzu kommt, dass viele Frauen in Minijobs beschäftigt sind und deshalb kein Kurzarbeitergeld bekommen. Auch arbeiten viele Frauen in Teilzeit. Da gibt es zwar Kurzarbeitergeld, jedoch machen hier zehn bis zwanzig Prozent des Nettoeinkommens einen großen Unterschied in der Haushaltskasse. Deshalb forderte das DIW, dass Rettungspakete und Konjunkturmaßnahmen einem Gender-Budgeting folgen sollten. Währenddessen ist der Anteil von Frauen in den Vorständen von DAX-Konzernen zurück auf den Stand von 2017 gesunken. Die 'neue Normalität‘ im Lockdown wirkt sich schwerwiegender auf den Alltag von Frauen als auf den der Männer aus. Homeoffice, Home-Schooling und Hausarbeit bleiben zum Großteil an Frauen hängen. Eine neue Studie des DIW kam zu dem ernüchternden Schluss: Die Pandemie verstärkt die bestehende Rollenverteilung. Der Anteil der Familien, in denen sich fast ausschließlich die Mutter um die Kinder kümmert, hat sich fast verdoppelt, während sich der Anteil der Familien, in denen sich die Sorgearbeit auf beide Elternteile aufteilt, kaum verändert hat. Das kommt daher, dass der Anteil der Familien, in denen die Mutter „überwiegend“ die Betreuung der Kinder übernimmt, gesunken ist. Die überwiegende Verantwortung wurde zur alleinigen Verantwortung. Im Schnitt trifft die aktuelle Krise Frauen härter als Männer. Sie kann aber auch als Chance genutzt werden: „Wenn Homeoffice besser verfügbar ist, führt das dazu, dass insbesondere Mütter mehr arbeiten“, erklärt Melanie Arntz, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Arbeitsmärkte und Personalmanagement“ in einer Pressemitteilung. Das könnte zu einem Aufstocken der Arbeitszeiten für Frauen führen. „Wenn Väter jetzt mehr Aufgaben in der Kindererziehung und im Haushalt übernehmen, könnte das langfristig positive Folgen für Frauen haben”, so Arntz weiter. „Für einen beträchtlichen Anteil der Familien ist das jedoch nicht der Fall. Wenn der Lockdown die klassische Rollenverteilung stärkt, profitieren Frauen von einer verstärkten Nutzung der Heimarbeit nach der Coronapandemie vermutlich weniger, mit nachteiligen Auswirkungen auf ihre langfristigen Karrierechancen.“ Das einzig gute an der Krise: Sie hat es unmöglich gemacht, die Missstände in Sachen Gleichberechtigung von Männern und Frauen weiter unter den Teppich zu kehren. Es bietet sich die Gelegenheit zu fundamentalem Umdenken – doch braucht es mehr, als einen Aktionstag, um das zu erreichen. Bild: Depositphotos / Syda_Productions Depositphotos / Syda_Productions

Wie jedes Jahr werden auch an diesem 8. März die Rechte gefeiert, die sich Frauen bisher erkämpft haben, und an die Ungerechtigkeiten erinnert, die noch immer zum Alltag gehören. Gleichzeitig steht der Internationale Frauentag selbst in der Kritik: Es handle sich bei dem Aktionstag bloß um „symbolische Schmeichelei“, der mit „realer Gleichberechtigung“ nicht viel zu tun habe, so Alice Schwarzer, eine der bekanntesten Feministinnen Europas und Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma“, in einer Videokolumne. Deshalb fordert sie die Abschaffung des Weltfrauentags.

Hand aufs Herz: Was hat der Internationale Frauentag wirklich für die Gleichberechtigung von Frauen geleistet? Warum sollte an nur einem Tag im Jahr auf Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufmerksam gemacht werden, damit es für den Rest des Jahres wieder „business as usual“ heißen darf? Schon seit einiger Zeit werden die Rufe unter FeministInnen lauter, die die Existenz des Weltfrauentags als bloßes Aufmerksamkeitstheater abtun. Viel angebrachter als ein Blumenstrauß, ein Facebook-Post, eine Sondersendung oder eine nette Rede wäre doch Realpolitik, die tatsächlich mit den Ungerechtigkeiten aufräumt, mit denen sich Frauen tagtäglich und in unterschiedlichen Lebensbereichen auseinandersetzen müssen.

Einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge hat Deutschland einen der höchsten Gender Pay Gaps in ganz Europa. Jetzt hat auch die Corona-Krise unmissverständlich verdeutlicht: An der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Deutschland muss noch einiges getan werden. Es sind überwiegend Frauen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Gleichzeitig werden sie häufiger Opfer häuslicher Gewalt. Hinzu kommt, dass viele Frauen in Minijobs beschäftigt sind und deshalb kein Kurzarbeitergeld bekommen. Auch arbeiten viele Frauen in Teilzeit. Da gibt es zwar Kurzarbeitergeld, jedoch machen hier zehn bis zwanzig Prozent des Nettoeinkommens einen großen Unterschied in der Haushaltskasse. Deshalb forderte das DIW, dass Rettungspakete und Konjunkturmaßnahmen einem Gender-Budgeting folgen sollten. Währenddessen ist der Anteil von Frauen in den Vorständen von DAX-Konzernen zurück auf den Stand von 2017 gesunken.

Die ’neue Normalität‘ im Lockdown wirkt sich schwerwiegender auf den Alltag von Frauen als auf den der Männer aus. Homeoffice, Home-Schooling und Hausarbeit bleiben zum Großteil an Frauen hängen. Eine neue Studie des DIW kam zu dem ernüchternden Schluss: Die Pandemie verstärkt die bestehende Rollenverteilung. Der Anteil der Familien, in denen sich fast ausschließlich die Mutter um die Kinder kümmert, hat sich fast verdoppelt, während sich der Anteil der Familien, in denen sich die Sorgearbeit auf beide Elternteile aufteilt, kaum verändert hat. Das kommt daher, dass der Anteil der Familien, in denen die Mutter „überwiegend“ die Betreuung der Kinder übernimmt, gesunken ist. Die überwiegende Verantwortung wurde zur alleinigen Verantwortung.

Im Schnitt trifft die aktuelle Krise Frauen härter als Männer. Sie kann aber auch als Chance genutzt werden: „Wenn Homeoffice besser verfügbar ist, führt das dazu, dass insbesondere Mütter mehr arbeiten“, erklärt Melanie Arntz, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Arbeitsmärkte und Personalmanagement“ in einer Pressemitteilung. Das könnte zu einem Aufstocken der Arbeitszeiten für Frauen führen. „Wenn Väter jetzt mehr Aufgaben in der Kindererziehung und im Haushalt übernehmen, könnte das langfristig positive Folgen für Frauen haben”, so Arntz weiter. „Für einen beträchtlichen Anteil der Familien ist das jedoch nicht der Fall. Wenn der Lockdown die klassische Rollenverteilung stärkt, profitieren Frauen von einer verstärkten Nutzung der Heimarbeit nach der Coronapandemie vermutlich weniger, mit nachteiligen Auswirkungen auf ihre langfristigen Karrierechancen.“

Das einzig gute an der Krise: Sie hat es unmöglich gemacht, die Missstände in Sachen Gleichberechtigung von Männern und Frauen weiter unter den Teppich zu kehren. Es bietet sich die Gelegenheit zu fundamentalem Umdenken – doch braucht es mehr, als einen Aktionstag, um das zu erreichen.

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