Aktuelle Markteinschätzung von Marcel de Gavarelli, Investment Manager der Laureus AG Privat Finanz
Düsseldorf, 07. September 2016 – Was haben Herbst und Börse gemeinsam? Es herrscht Hundewetter. Der September ist statistisch betrachtet der schlechteste Monat an der Börse und verhagelt Anlegern regelmäßig die Stimmung.
Wird es diesen Herbst anders? Anstatt auf den Kalender zu schauen, sollten wir uns den Fakten zuwenden, die uns zeigen können, wie es an der Börse in den nächsten Monaten weitergeht. Betrachten wir die wichtigsten vier Faktoren für diesen Herbst:
Die Brexit-Abstimmung sorgte für einen Knall in ganz Europa, verpuffte aber wieder recht schnell und die Lage beruhigte sich – jedenfalls kurzfristig. Verdaut ist der Brexit noch lange nicht: Die nächsten zwei Jahre wird es enorme Unsicherheiten bezüglich der politischen und wirtschaftlichen Zukunft Großbritanniens – und auch Europas – geben. Wie zäh werden die Verhandlungen? Was kommt am Ende heraus? Wie verkraftet dies die Wirtschaft? Alles Fragen, auf die es noch keine Antworten gibt.
Im Oktober steht auch schon die nächste Abstimmung an – diesmal in Italien. Wenn das Referendum zur Verfassungsreform scheitert, wäre dies ein weiteres negatives Signal für die Märkte. Der Ministerpräsident Italiens Matteo Renzi würde selbst bei einem negativen Ausgang des Referendums im Amt bleiben, was positiv zu beurteilen ist, denn er ist der wichtigste Reformer seines Landes. Anleger täten gut daran, die Entwicklungen auf diesem Gebiet genau zu verfolgen.
Der nächste Brandherd sind die Banken Europas, die es in der „Post-Lehman-Ära“ verschlafen haben, ihre Häuser neu zu strukturieren. Die durch die Zentralbanken erkaufte Zeit wurde nicht so gut genutzt wie zum Beispiel in Amerika – für diese zögerliche Haltung zahlen Europas Banken jetzt den Preis. Wegbrechende Erträge durch niedrige – oder sogar negative – Zinsen, sowie faule Kredite machen den Banken zu schaffen. Aufgrund schwacher Kapitalausstattung leiden allen voran Italiens Bankhäuser, aber nicht nur: Auch vor der eigenen Haustür sorgen Deutschlands Großbanken für Sorgenfalten. Die
Bankenkrise ist zwar medial in den Hintergrund gerückt, das bedeutet allerdings nicht, dass wir sie schon überstanden haben.
Umso prominenter wird in den Medien dafür die US-Präsidentschaftswahl verarbeitet. Hillary Clinton gilt als Lobbyistin der Wall Street und dürfte von vielen Marktteilnehmern sicherlich positiver aufgenommen werden als der Konkurrent Donald Trump, der von vielen mit politischer Instabilität assoziiert wird. Auch wenn die Auswirkungen politischer Ereignisse recht kurzer Natur sind, sollten Anleger trotzdem ein Auge auf ihnen behalten.
Das kleinste Sorgenkind ist derzeit die Konjunktur, sollte aber auch nicht unbeaufsichtigt bleiben. Chinas Wirtschaft zeigte sich zuletzt stabiler, ist aber immer noch nicht sorglos zu betrachten. Das Gleiche gilt für die Schwellenländer, die sich aktuell recht robust geben. Die größte Aufmerksamkeit gilt allerdings der US-Kunjunktur, die sich weiter solide entwickelt und die Fed eventuell zu einem weiteren Zinsschritt inspirieren könnte – große Zinssprünge sind aber eher nicht zu erwarten.
In Europa profitiert die Wirtschaft von der expansiven Geldpolitik der EZB: Die Anleihekäufe halten die Zinsen weiter niedrig und befeuern auch andere Rentensegmente. Diese Entwicklung ist jedoch nicht in Stein gemeißelt: Kurzfristige Gegenreaktionen sind immer möglich.
Auf Anleger kommt in den nächsten Monaten einiges zu. Die Folgen des Brexits und die Entwicklung bei Europas Banken – insbesondere Italien – bieten den meisten Zündstoff. Anleger sollten sich deshalb breit diversifiziert aufstellen, laufende Renditen im Rentensegment sichern, Aktien beimischen und nach alternativen Renditequellen Ausschau halten. Eventuelle Rückschläge bieten gleichzeitig Kaufgelegenheiten. Wer sich gut positioniert, braucht dann auch die Herbstmonate einschließlich September nicht fürchten, sondern kann entspannt die „goldene“ Jahreszeit genießen.
Über die Laureus AG Privat Finanz:
Die Laureus AG Privat Finanz ist ein Tochterunternehmen der Sparda-Bank West eG, einer der größten Genossenschaftsbanken Deutschlands mit über 100-jähriger Tradition. Das Finanzdienstleistungsinstitut aus Düsseldorf hat sich auf die individuelle und ganzheitliche Beratung vermögender Kunden spezialisiert.
Bild: Andreas Hermsdorf, pixelio