Opernhaus im Schlossgarten Stuttgart
Die Kulturwirtschaft ist ein expandierender Wirtschaftszweig und bedeutender Impulsgeber für die Dynamik einer Stadt. In Städten wird Kultur erlebt wie auch gelebt. Sie zieht vor allem hochqualifizierte und kreative Menschen an. „Die Attraktivität und Vielfalt der kulturellen Landschaft sind nicht nur wichtige Aspekte der Lebensqualität, sie beeinflussen auch die Wohn- und Arbeitsortswahl von Menschen und damit die Position von Städten im Wettbewerb“, sagt Dr. Hans-Walter Peters. Darüber hinaus ist für Touristen das kulturelle Angebot einer Stadt ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Wahl des Reiseziels.
Die Kulturwirtschaft ist in vielen der 30 größten Städte Deutschlands ein bedeutender Arbeitgeber. Mehr als 5 % aller Beschäftigten der vier deutschen Millionenstädte Berlin (5,1 %), Hamburg (5,4 %), München (6,5 %) und Köln (6,4 %) sind derzeit in diesem Wirtschaftszweig angesiedelt – Tendenz steigend. In Stuttgart sind es sogar über 7 %. Einige Kommunen nutzen Investitionen in die Kulturinfrastruktur auch gezielt, um einen Strukturwandel anzustoßen. „Die Förderung der Kulturinfrastruktur oder überregional wahrgenommener kultureller Veranstaltungen können dazu beitragen, Städte auf einen neuen Entwicklungspfad zu bringen“, so Peters.
Das Ergebnis: Der Städtevergleich zeigt deutliche Unterschiede bezüglich der angebotenen und gelebten Kultur in den deutschen Städten auf. „Städte mit hohen Platzierungen weisen mit Ausnahme von München und Köln sowohl gute Bedingungen für die Kulturproduktion
als auch für die Kulturrezeption auf“, sagt Dr. Jan Wedemeier, Volkswirt des HWWI. In den neun bestplatzierten Städten des Gesamtrankings kommt der Kultur auch wirtschaftlich eine hohe Bedeutung zu. Hier hat der ökonomische Aspekt bereits eine starke gesamtwirtschaftliche Bedeutung bei der Anzahl der Unternehmen und als Arbeitgeber gewonnen.
Stuttgart, München, Dresden, Berlin und Bonn bilden nach 2012 auch 2014 die Top 5 im Kulturstädteranking. Stuttgart überzeugte im Städtevergleich mit einem großen Kulturangebot und einer hohen Kulturnachfrage. Mit 7,4 % aller Beschäftigten ist die baden-württembergische Landeshauptstadt der größte Arbeitgeber in der Kulturwirtschaft unter den 30 untersuchten Städten. Bei den Umsätzen der Kulturwirtschaft je Einwohner wird sie nur von Köln übertroffen. Stuttgart glänzt außerdem mit einer großen Ausstattung an Theaterplätzen wie auch mit Top-Platzierungen im Hinblick auf Theater- und Opernbesucher. Auch bei den Investitionen in die Bibliothekslandschaft liegt die Schwabenmetropole ganz vorn. „Die Auszeichnung ehrt uns sehr, da sich die gesamte Stadtgesellschaft um die Kultur verdient macht. Das Besondere an Stuttgart ist, dass auch die Unternehmer alle kulturell engagiert sind. Die Kultur ist der Stolz des ganzen Stuttgarter Bürgertums“, kommentiert Oberbürgermeister Fitz Kuhn die Platzierung von Stuttgart.
München konnte sich im Ranking um einen Platz auf Rang zwei verbessern. Die bayerische Metropole ist im Städtevergleich führend in der Kulturrezeption. Das zeigt sich vor allem in der hohen Anzahl der Galerien und Auktionshäuser sowie an der großen Zahl der Festivalbesucher und Bibliotheksnutzer. Bei den Anteilen der Beschäftigten sowie der Unternehmen der Kulturwirtschaft konnte München einen zweiten Platz im Städtevergleich erringen. Die bayerische Landeshauptstadt ist die einzige Stadt unter den Top 5, die in der Kulturproduktion kein ähnlich gutes Resultat wie in der Kulturrezeption erzielt. Hier fällt sie auf Rang 7 zurück. Dresden zeichnet sich im Städtevergleich wieder als „Museumsstadt“ aus und weist viele Theater- und Opernbesucher auf.
Kulturell vielseitige Städte ziehen Künstler an. Sie konzentrieren sich vor allem in deutschen Millionenstädten. Berlin hat mit fast 62.000 Beschäftigten in der Kulturwirtschaft und mehr als 35.000 Künstlern die höchste Künstlerdichte, gefolgt von Köln, München und Hamburg. Berlin liegt auch bei dem Anteil der Unternehmen in der Kulturwirtschaft an der Spitze, vor München, Köln, Stuttgart und Hamburg. Die Hauptstadt konnte im Städtevergleich vor allem in der Kulturproduktion das beste Ergebnis erzielen.
Aufsteiger des Kulturstädtevergleichs sind Köln und Düsseldorf. Düsseldorf ist die Stadt der Galerien und Auktionshäuser, während Köln die höchsten Umsätze in der Kulturwirtschaft je Einwohner ausweist, vor Stuttgart und München. Auch Hamburg konnte aufgrund des guten Abschneidens bei den öffentlichen Kulturausgaben und der Anzahl der Auktionshäuser/Galerien sowie den Anteilen der Beschäftigten und der Unternehmen in der Kulturwirtschaft zwei Plätze gut machen und liegt jetzt auf Rang sieben.
Der Städtevergleich zeigt, dass nicht nur die größten deutschen Städte mit ihrem kulturellen Angebot die vorderen Plätze im Ranking belegen, auch bei mittelgroßen Städten wie Dresden (Platz 3) und Bonn (Platz 5) trifft man auf ein vielfältiges und gut ausgestattetes Kulturangebot, zum Beispiel im Hinblick auf Theatersitzplätze. Dementsprechend hoch ist auch die Kulturnachfrage bezogen auf die Bevölkerungszahl, wie etwa bei Museums- und Theaterbesuchern. „Es zeigt sich, dass die Kulturrezeption insbesondere in den „wachsenden“ Städten stark ausgeprägt ist. Diese Städte gewinnen als Wohn-, Arbeits- oder Studienort zunehmend für viele an Attraktivität – wobei das kulturelle Angebot als wichtiger Standortfaktor eine Schlüsselstellung einnimmt“, resümiert Dr. Wedemeier.
HWWI/Berenberg 03.07.2014, Bild pixabay