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Stuttgart ist wieder Kulturhauptstadt Nr. 1

6 Min.

03.07.2014

Das Hamburgische Welt Wirtschafts Institut HWWI hat im Auftrag der Privatbank Berenberg zum zweiten Mal nach 2012 die 30 größten Städte Deutschlands im Hinblick auf ihr Kulturleben untersucht. „Stuttgart konnte sich im Ranking erneut als Deutschlands Kulturmetropole Nr. 1 behaupten“, sagt Dr. Hans-Walter Peters, Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter von Berenberg. München, Dresden, Berlin und Bonn folgen auf den nächsten Plätzen. Düsseldorf und Köln verbesserten sich um fünf bzw. sechs Ränge, während die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen, Duisburg und Wuppertal erneut das Schlusslicht bilden.

Opernhaus im Schlossgarten Stuttgart

Die Kulturwirtschaft ist ein expandierender Wirtschaftszweig und bedeutender Impulsgeber für die Dynamik einer Stadt. In Städten wird Kultur erlebt wie auch gelebt. Sie zieht vor allem hochqualifizierte und kreative Menschen an. „Die Attraktivität und Vielfalt der kulturellen Landschaft sind nicht nur wichtige Aspekte der Lebensqualität, sie beeinflussen auch die Wohn- und Arbeitsortswahl von Menschen und damit die Position von Städten im Wettbewerb“, sagt Dr. Hans-Walter Peters. Darüber hinaus ist für Touristen das kulturelle Angebot einer Stadt ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Wahl des Reiseziels.

Die Kulturwirtschaft ist in vielen der 30 größten Städte Deutschlands ein bedeutender Arbeitgeber. Mehr als 5 % aller Beschäftigten der vier deutschen Millionenstädte Berlin (5,1 %), Hamburg (5,4 %), München (6,5 %) und Köln (6,4 %) sind derzeit in diesem Wirtschaftszweig angesiedelt – Tendenz steigend. In Stuttgart sind es sogar über 7 %. Einige Kommunen nutzen Investitionen in die Kulturinfrastruktur auch gezielt, um einen Strukturwandel anzustoßen. „Die Förderung der Kulturinfrastruktur oder überregional wahrgenommener kultureller Veranstaltungen können dazu beitragen, Städte auf einen neuen Entwicklungspfad zu bringen“, so Peters.

Das Ranking
Das HWWI/Berenberg Kulturstädteranking greift die vielseitige Bedeutung des kulturellen Klimas für die Stadtentwicklung auf und vergleicht zahlreiche Aspekte der Kulturproduktion und -rezeption. Dabei bezieht sich die Kulturproduktion auf Elemente und Grundlagen, die für die Entstehung von Kunst und Kultur notwendig sind, wie etwa das Angebot bei Opernhäusern, Theatern und Kinositzplätzen, kulturelle Bildungsangebote an Musik- und Kunsthochschulen oder die Anteile der Beschäftigten in der Kulturwirtschaft. Die Kulturrezeption umfasst die Aufnahme und Nachfrage des kulturellen Angebotes durch die Bewohner und Besucher der Städte. Sie zeigt sich beispielsweise in der Zahl der Theater- und Museumsbesucher oder den Umsätzen der Kulturwirtschaft. Das Ranking misst ausgesuchte Bereiche der Kultur anhand von Indikatoren, die für alle 30 Städte vorliegen. Über die Qualität und die Bedeutung der Angebote und Einrichtungen werden keine Aussagen getroffen. Preisauszeichnungen von Theatern bleiben ebenso unberücksichtigt wie die Bewertung von Kunstsammlungen einzelner Museen. Die beiden Einzelindizes Kulturproduktion und -rezeption ergeben sich aus der gewichteten Summe der Abweichungen vom Mittelwert (Standardabweichungen) über alle betrachteten Indikatoren. In den Gesamtindex fließen beide Indizes zu jeweils 50 % ein.

Das Ergebnis: Der Städtevergleich zeigt deutliche Unterschiede bezüglich der angebotenen und gelebten Kultur in den deutschen Städten auf. „Städte mit hohen Platzierungen weisen mit Ausnahme von München und Köln sowohl gute Bedingungen für die Kulturproduktion

als auch für die Kulturrezeption auf“, sagt Dr. Jan Wedemeier, Volkswirt des HWWI. In den neun bestplatzierten Städten des Gesamtrankings kommt der Kultur auch wirtschaftlich eine hohe Bedeutung zu. Hier hat der ökonomische Aspekt bereits eine starke gesamtwirtschaftliche Bedeutung bei der Anzahl der Unternehmen und als Arbeitgeber gewonnen.

Stuttgart, München, Dresden, Berlin und Bonn bilden nach 2012 auch 2014 die Top 5 im Kulturstädteranking. Stuttgart überzeugte im Städtevergleich mit einem großen Kulturangebot und einer hohen Kulturnachfrage. Mit 7,4 % aller Beschäftigten ist die baden-württembergische Landeshauptstadt der größte Arbeitgeber in der Kulturwirtschaft unter den 30 untersuchten Städten. Bei den Umsätzen der Kulturwirtschaft je Einwohner wird sie nur von Köln übertroffen. Stuttgart glänzt außerdem mit einer großen Ausstattung an Theaterplätzen wie auch mit Top-Platzierungen im Hinblick auf Theater- und Opernbesucher. Auch bei den Investitionen in die Bibliothekslandschaft liegt die Schwabenmetropole ganz vorn. „Die Auszeichnung ehrt uns sehr, da sich die gesamte Stadtgesellschaft um die Kultur verdient macht. Das Besondere an Stuttgart ist, dass auch die Unternehmer alle kulturell engagiert sind. Die Kultur ist der Stolz des ganzen Stuttgarter Bürgertums“, kommentiert Oberbürgermeister Fitz Kuhn die Platzierung von Stuttgart.

München konnte sich im Ranking um einen Platz auf Rang zwei verbessern. Die bayerische Metropole ist im Städtevergleich führend in der Kulturrezeption. Das zeigt sich vor allem in der hohen Anzahl der Galerien und Auktionshäuser sowie an der großen Zahl der Festivalbesucher und Bibliotheksnutzer. Bei den Anteilen der Beschäftigten sowie der Unternehmen der Kulturwirtschaft konnte München einen zweiten Platz im Städtevergleich erringen. Die bayerische Landeshauptstadt ist die einzige Stadt unter den Top 5, die in der Kulturproduktion kein ähnlich gutes Resultat wie in der Kulturrezeption erzielt. Hier fällt sie auf Rang 7 zurück. Dresden zeichnet sich im Städtevergleich wieder als „Museumsstadt“ aus und weist viele Theater- und Opernbesucher auf.

Kulturell vielseitige Städte ziehen Künstler an. Sie konzentrieren sich vor allem in deutschen Millionenstädten. Berlin hat mit fast 62.000 Beschäftigten in der Kulturwirtschaft und mehr als 35.000 Künstlern die höchste Künstlerdichte, gefolgt von Köln, München und Hamburg. Berlin liegt auch bei dem Anteil der Unternehmen in der Kulturwirtschaft an der Spitze, vor München, Köln, Stuttgart und Hamburg. Die Hauptstadt konnte im Städtevergleich vor allem in der Kulturproduktion das beste Ergebnis erzielen.

Aufsteiger des Kulturstädtevergleichs sind Köln und Düsseldorf. Düsseldorf ist die Stadt der Galerien und Auktionshäuser, während Köln die höchsten Umsätze in der Kulturwirtschaft je Einwohner ausweist, vor Stuttgart und München. Auch Hamburg konnte aufgrund des guten Abschneidens bei den öffentlichen Kulturausgaben und der Anzahl der Auktionshäuser/Galerien sowie den Anteilen der Beschäftigten und der Unternehmen in der Kulturwirtschaft zwei Plätze gut machen und liegt jetzt auf Rang sieben.

Der Städtevergleich zeigt, dass nicht nur die größten deutschen Städte mit ihrem kulturellen Angebot die vorderen Plätze im Ranking belegen, auch bei mittelgroßen Städten wie Dresden (Platz 3) und Bonn (Platz 5) trifft man auf ein vielfältiges und gut ausgestattetes Kulturangebot, zum Beispiel im Hinblick auf Theatersitzplätze. Dementsprechend hoch ist auch die Kulturnachfrage bezogen auf die Bevölkerungszahl, wie etwa bei Museums- und Theaterbesuchern. „Es zeigt sich, dass die Kulturrezeption insbesondere in den „wachsenden“ Städten stark ausgeprägt ist. Diese Städte gewinnen als Wohn-, Arbeits- oder Studienort zunehmend für viele an Attraktivität – wobei das kulturelle Angebot als wichtiger Standortfaktor eine Schlüsselstellung einnimmt“, resümiert Dr. Wedemeier.

HWWI/Berenberg 03.07.2014, Bild pixabay

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