Politik

Stoiber zum Bürokratie-Abbau in der EU

5 Min.

14.10.2014

Bei einer hochrangigen Konferenz hat Kommissions-Präsident José Manuel Barroso heute (Dienstag) in Brüssel mit Politikern und Experten die Anstrengungen zur Vereinfachung des EU-Rechts bewertet.

Dr. Edmund Stoiber, Vorsitzender der Hochrangigen Gruppe zur Reduzierung von Verwaltungslasten

Der frühere bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber, der die Kommission seit 2007 als Vorsitzender der Hochrangigen Gruppe zur Reduzierung von Verwaltungslasten berät, übergab Barroso den Abschlussbericht der Gruppe. Stoiber erinnerte daran, dass ein Drittel der Bürokratiekosten durch ineffiziente Umsetzung europäischen Rechts auf der nationalen Ebene aufgelaufen sei. „Das muss man bekannt machen, damit nicht nur Brüssel mit dem Problem etikettiert wird“, sagte Stoiber. Europa sei eine „Gemeinschaftveranstaltung“, die nicht nur aus Brüssel bestehe, sondern aus allen nationalen Regierungen, Parlamenten und Hauptstädten.

Präsident Barroso erklärte dazu: „Gleich zu Beginn meiner ersten Amtszeit habe ich die intelligente Regulierung zu einer zentralen Priorität der Kommission erklärt. Damit die Europäische Union glaubwürdig bleibt, muss sie ihre Maßnahmen auf die Themen konzentrieren, die am besten auf europäischer Ebene angegangen werden können. Gleichzeitig muss sie dafür sorgen, dass das EU-Recht schlanker, einfacher und kostengünstiger wird. Die intelligente Regulierung ist auch für die Förderung von Wachstum und Beschäftigung in Europa von entscheidender Bedeutung, und wir haben während der vergangenen zehn Jahre alles getan, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Ich glaube, wir können stolz sein auf das, was wir in diesem Zeitraum erreicht haben. Es ist uns gelungen, in Bezug auf die Arbeitsweise der Kommission so etwas wie einen kulturellen Wandel herbeizuführen. Unser Erfolg hängt ganz entscheidend davon ab, dass das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten einen ähnlichen Ehrgeiz wie die Kommission an den Tag legen. Ich danke Edmund Stoiber und seiner Hochrangigen Gruppe für den überaus wertvollen Beitrag, den sie in Form von zahlreichen Stellungnahmen, Berichten und Empfehlungen geleistet hat. Die neue Kommission kann bei ihrer Aufgabe, die Agenda für intelligente Regulierung voranzutreiben, auf einer sehr soliden Grundlage aufbauen.“

Dr. Edmund Stoiber, Vorsitzender der Hochrangigen Gruppe im Bereich Verwaltungslasten, sagte: „Mein Fazit nach sieben Jahren ehrenamtlicher Arbeit ist positiv: Wir haben viel mehr erreicht, als ich selbst erwartet hatte. Das Abbauziel wurde mit über 33 Milliarden Euro deutlich übertroffen. Der wichtigste Erfolg ist ein neues Denken: Präsident Barroso hat mit der jahrzehntelangen Grundeinstellung gebrochen, dass jede noch so detaillierte EU-Regelung automatisch gut für die europäische Integration ist. Eine neue Ära wurde eingeleitet, und Aufgabe der neuen Kommission wird es sein, diese fortzusetzen und weiter zu stärken. Ich empfehle nachdrücklich, dass die Vorschläge meiner Gruppe aufgegriffen und umgesetzt werden. Nur so werden die Versprechen im zurückliegenden Europawahlkampf für ein bürgernahes und unbürokratisches Europa eingelöst.“

Die fünf größten Errungenschaften der Europäischen Kommission bei der besseren Rechtsetzung sind folgende:
  1. Die Kommission hat sich auf die großen Themen konzentriert, die eine europäische Antwort erfordern: die Regulierung der Finanzmärkte, die Verstärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Rahmen des Europäischen Semesters, die EU-Wachstumsstrategie „Europa 2020“, eine ehrgeizige Energie- und Klimapolitik, die Vertiefung des Binnenmarkts, das gemeinsame europäische Asylsystem, den wachstumsorientierten EU-Haushalt 2014-2020, Handels- und Investitionsabkommen und die Unterstützung für die Ukraine.
  2. Die Kommission hat darauf geachtet, dass ihre Vorschläge den Grundsätzen der intelligenten Regulierung folgen.Dazu hat sie ihre Instrumente verbessert: Systematische Konsultationen der Interessenträger, Folgenabschätzungen undEvaluierungen tragen zu faktengestützten politischen Entscheidungen bei. Zu allen Vorschlägen mit erheblichen Auswirkungen wird eine Folgenabschätzung erstellt. Es werden verschiedene Optionen aufgezeigt und die potenziellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen bewertet. Seit 2007 sind mehr als 680 Folgenabschätzungenerstellt worden. Um die Ergebnisse leichter zugänglich zu machen, wird eine zweiseitige Zusammenfassung der Folgenabschätzungen veröffentlicht. Unabhängige Qualitätsbewertung und -kontrolle wird durch den Ausschuss für Folgenabschätzung der Kommission gewährleistet. Dieser hat in den vergangenen zwei Jahren mehr als 40 Prozent aller übermittelten Entwürfe für Folgenabschätzungen an die zuständigen Dienststellen zur Überarbeitung zurückgeschickt. Die Kommission verlängerte die Konsultation der Interessenträger von acht auf zwölf Wochen. Darüber hinaus fordert die KommissionBürger und Unternehmen auf, Bereiche aufzuzeigen, in denen der Regulierungsaufwand reduziert und die Gesetzgebung durch eine kontinuierliche Online-Konsultation vereinfacht werden kann.
  3. Seit 2012 bündelt die Kommission ihre Bemühungen um intelligente Regulierung im REFIT-Programm. Dabei werden die Rechtsakte der EU regelmäßig überprüft. Seit 2005 hat die Kommission insgesamt mehr als 6100 Rechtsakte aufgehoben und beinahe 300 Vorschläge zurückgezogen. Im Rahmen von REFIT verpflichtete sich die Kommission außerdem, nur Vorschläge für neue Gesetze vorzulegen, bei denen ein eindeutiger EU-Mehrwert nachweisbar ist. So werden Vorschläge in den Bereichen Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz für Friseure oder arbeitsbedingte Erkrankungen des Bewegungsapparats derzeit eingehend auf ihren EU-Mehrwert geprüft. In dem jährlich aktualisierten REFIT-Anzeiger werden die Fortschritte in allen Politikbereichen und bei jeder REFIT-Maßnahme bewertet.
  4. Das Ziel, die Verwaltungslasten in wichtigen Bereichen um ein Viertel zu verringern, wurde übertroffen. Mit den auf Anregung der „Stoiber-Gruppe“ von der Kommission vorgeschlagenen und vom Mitgesetzgeber verabschiedeten Initiativen konnte ein Bürokratieabbau von schätzungsweise 27 Prozent erzielt werden, was mehr als 33,4 Mrd. EUR jährlich an Einsparungen für Unternehmen entspricht.
  5. Wo immer es möglich und gerechtfertigt ist, gilt das Prinzip „Vorfahrt für KMU“: Auf kleine und mittlere Unternehmen werden weniger strenge Vorschriften angewandt. Im Rahmen des REFIT-Programms wurden zum Beispiel die Gebühren für die Registrierung chemischer Stoffe im Rahmen der Chemikalienrichtlinie REACH für KMU um 35 bis 95 Prozent gesenkt. Die Mehrwertsteuererklärung wurde vereinfacht und die Formalitäten für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen wurden verringert.

Text und Bild: EU Kommission

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