Hintergrund des Rechtsakts ist die sogenannte EU-Taxonomie. Diese soll eine Übersicht zu klimafreundlichen Technologien bieten. Die Taxonomie wurde als Instrument zur Erreichung der Klimaziele ins Leben gerufen, denn durch sie entstehe Sicherheit für Investoren, welche Technologien als nachhaltig anzusehen seien, heißt es auf der Webseite der EU-Kommission. Doch dass nun auch Erdgas und Atomkraft als förderlich für das Klima eingestuft worden sind, wird von diversen Organisationen und einigen EU-Mitgliedsstaaten stark kritisiert. »Die Taxonomie verfehlt ihr Ziel und ist in ihrer aktuellen Form Greenwashing, unwirksam und wettbewerbsverzerrend«, sagte beispielsweise Thomas Jorberg, der Vorstandschef der GLS-Bank, einer Pressemitteilung zufolge.
Besonders Frankreich profitiert davon, dass Atomenergie nun als umweltfreundlich gilt. Etwa 70 Prozent seines Strombedarfs deckt das Land mit Atomkraftwerken. Schon im April 2021 deutete der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire gegenüber der »Funke Mediengruppe« an, dass Klimaneutralität bis 2050 seiner Ansicht nach nicht ohne Atomkraft zu erreichen sei. Deutschland sieht in Erdgas eine mögliche Brückentechnologie. So heißt es auf der Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Umweltschutz: »Auch in den nächsten Jahren wird Erdgas einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung in Deutschland leisten.«
Allerdings gelten Atomenergie und Erdgas auch der EU-Kommission nach nicht uneingeschränkt als klimafreundlich – die Bedingungen unterliegen etwa zeitlichen Beschränkungen. So sollen Investitionen in Gaskraftwerke lediglich bis 2030 und nur dann als nachhaltig eingestuft werden, wenn sie weniger klimafreundliche Kraftwerke ersetzen und bis 2035 auf Wasserstoff oder andere nachhaltige Gase umgestellt werden können. Für Atomkraftwerke gilt die Einstufung bis 2045, sofern ein Konzept zur Endlagerung bis 2050 vorliegt. Dieser Beschluss der EU-Kommission tritt in Kraft, sofern er nicht innerhalb der nächsten vier Monate durch eine Mehrheit im Europaparlament oder durch mindestens 20 Länder, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, abgelehnt wird.