Wirtschaft

Bestandsaufnahme des digitalen Europas – Deutschland im Mittelfeld

4 Min.

24.02.2015

Im Mai wird die Europäische Kommission ihre Strategie für den digitalen Binnenmarkt vorlegen.

Wie es um diesen derzeit bestellt ist, zeigen die heute (Dienstag) von der EU-Kommission veröffentlichten Daten: Zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten klaffen große Unterschiede. Ländergrenzen verhindern nach wie vor die Entfaltung des digitalen Binnenmarktes. Spitzenreiter ist der Norden: Dänemark und Schweden führen die Liste an. Deutschland liegt im Mittelfeld, knapp über dem EU-Durchschnitt. Schlusslicht ist Rumänien. Gemessen wurden die Breitbandversorgung, die Internetkenntnisse, die Nutzung des Internets, der Entwicklungsstand von digitalen Technologien – etwa elektronischer Handel oder Clouddienste – und die digitalen öffentlichen Dienste.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Europäer das Internet regelmäßig nutzt. Kleine und mittlere Unternehmen stehen jedoch immer noch vor großen Hürden beim elektronischen Handel. Nur 15 Prozent von ihnen verkaufen online. Manche Länder sind vorbildlich, was die digitalen öffentlichen Dienstleistungen betrifft, in manchen gibt es diese fast gar nicht.

Andrus Ansip, für den digitalen Binnenmarkt zuständiger Vizepräsident der Europäischen Kommission, sagte hierzu: „Diese Zahlen zeigen, dass die Digitalisierung in Europa Fortschritte macht und dass den Europäern tolle neue Dienste zur Verfügung stehen. Die große Mehrheit der Europäer nutzt das Internet: Wir müssen es den Bürgern, die Online-Inhalte abrufen möchten, noch leichter machen. Ein digitaler Binnenmarkt kann ihnen den Zugang zu noch mehr Inhalten eröffnen, die Innovation und das Wachstum von Unternehmen fördern und das Vertrauen in Online-Dienste wie elektronische Behördendienste oder Online-Banking stärken. Die Europäische Kommission wird hierzu ihren Beitrag leisten.“

Günther H. Oettinger, für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständiges Mitglied der Kommission, ergänzte: „Der Digital-Index zeigt, dass sich die Art und Weise, wie die Menschen Filme ansehen, grundlegend geändert hat: Nach wie vor sehen sich die Menschen ihre Lieblingsserien im Fernsehen an, doch viele – nämlich 40 Prozent – sehen auch Videos auf Abruf und Filme über das Internet an. Wir müssen uns an die Bedürfnisse der Menschen anpassen und unsere Politik entsprechend überdenken.“

Deutschland nimmt insgesamt den 10. Platz unter den 28 EU-Mitgliedstaaten ein. Im Vergleich zu 2013 hat es im vergangenen Jahr Fortschritte im Bereich Konnektivität erzielt und schneidet EU-weit am besten ab. Deutschland ist in vollem Umfang mit grundlegenden Breitbanddiensten versorgt, bei der Nutzung schneller Breitbanddienste (Anschlüsse mit 30 Mbit/s und schneller) hinkt es aber hinterher und liegt mit 14 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 22 Prozent. 82 Prozent der Deutschen sind regelmäßige Internetnutzer und damit mehr als die Europäer im Durchschnitt. Sie nutzen das Internet vor allem, um Nachrichten abzurufen (68 Prozent) und zum Einkaufen. Beim Online-Shopping liegen sie mit 80 Prozent der 16 bis 74 Jährigen weit über dem EU-Durchschnitt von 63 Prozent.

Hinsichtlich der Nutzung von Digitaltechnik durch Unternehmen rangiert Deutschland unter den EU-Mitgliedstaaten auf Platz 8. Dabei bewegen sich die deutschen Unternehmen zwar in Bezug auf viele Aspekte im Zusammenhang mit Online-Geschäften im EU-Durchschnitt. Weniger gut schneiden deutsche Unternehmen hingegen bei der Übernahme fortgeschrittener Technologien wie Cloud-Dienstleistungen (6,2 Prozent) und bei der Nutzung der sozialen Medien (11 Prozent) ab, wo Deutschland in Europa nur auf Platz 21 steht. Deutsche Unternehmen sollten auch die Möglichkeiten, die der elektronische Geschäftsverkehr bietet, verstärkt nutzen: Nur knapp mehr als ein Fünftel der KMU verkaufen online (EU-Durchschnitt liegt bei 15 Prozent), und bei diesen entfallen weniger als 10 Prozent des Umsatzes auf das Online-Geschäft (9,5 Prozent).

Auch bei den elektronischen Behördendiensten gibt es noch Handlungsspielraum, da nur 18 Prozent der deutschen Internetnutzer solche Dienste aktiv nutzen (im Vergleich zu 33 Prozent im europäischen Durchschnitt). Zum Vergleich: Von den Dänen nutzen rund drei Viertel der Dänen elektronische Behördendienste.

Und auch bei Online-Rezepten ist noch Luft nach oben. Nur 15 Prozent der deutschen Allgemeinärzte verwenden elektronische Verschreibungen. Damit liegt Deutschland 12 Prozentpunkte unter dem europäischen Durchschnitt und weit entfernt von Vorreiter Estland, wo alle Allgemeinärzte diesen digitalen Dienst nutzen.

Der Index (Digital Economy and Society Index – DESI) kombiniert über dreißig Indikatoren, die gewichtet werden. Um die gesamte digitale Leistung eines Landes zu erfassen, hat jede Indikatorengruppe sowie –untergruppe eine bestimmte Gewichtung. Die Breitbandverbindung und die digitalen Fähigkeiten werden beispielsweise als Grundfesten einer digitalen Wirtschaft und Gesellschaft betrachte und somit jeweils mit 25 Prozent gewichtet.

EU Kommission, Bild Depositphotos

Nach oben