81 Prozent Deutschen setzen auf ein vereintes Europa, um die eigenen Werte und Interessen in der globalisierten Welt durchzusetzen.
Dieser Wert aus der jüngsten Eurobarometer-Umfrage liegt über dem europäischen Schnitt. „Die Deutschen bauen wieder stärker auf Europa“, sagte Richard Kühnel, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, in seiner Analyse der aktuellen öffentlichen Meinung zur Europapolitik heute (Mittwoch) vor Journalisten in Berlin. „Zwar ist das Vertrauen in die Europäische Union immer noch angeschlagen. Aber das Demokratieempfinden ist infolge der Wahlen zum Europäischen Parlament deutlich gestärkt.“
57 Prozent der Deutschen hatten nach den Europawahlen den Eindruck, ihre Stimme zählt in der EU. Im Spätherbst 2013 waren es erst 41 Prozent gewesen. Die zahlreichen Debatten rund um die Europawahl und das Spitzenkandidatenprinzip hätten Europa den Bürgerinnen und Bürgern nähergebracht, sagte Kühnel. „Fast 80 Prozent der Deutschen fühlen sich heute auch als Bürger der EU.“
Kühnel, seit Juni Vertreter der EU-Kommission in Deutschland, sieht darin Auftrag und Verpflichtung für die neue Kommission mit dem designierten Präsidenten Jean-Claude Juncker. „Europa wechselt in eine neue Phase. Nach Jahren der Innenbeschau aufgrund der Wirtschaftskrise kristallisiert sich das Geschehen außerhalb Europas als künftiger Fokus für europäische Politik heraus. Die Bevölkerung scheint dazu bereit zu sein“, sagte Kühnel.
Vier von fünf Deutschen sind der Meinung, in der heutigen Welt brauche es ein gemeinsames Europa – ungeachtet der aktuellen wirtschaftlichen Stärke des eigenen Landes. 73 Prozent meinen laut dem aktuellen Eurobarometer, dazu zähle eine gemeinsame Außenpolitik. Sogar 78 Prozent der Deutschen halten eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik für erforderlich.
„Die Menschen haben hohe Erwartungen an Europa. Die neue Kommission wird die Kursrichtung fortführen, vermehrt in den großen geopolitischen und gesellschaftspolitischen Fragen europäische Akzente zu setzen, und in anderen Bereichen mehr Verantwortung der nationalen oder regionalen Ebene zu überlassen“, sagte Kühnel. „Kommission und Deutschland sind dabei entscheidende Partner, um für Europa richtungsweisende Politik zu formulieren und umzusetzen.“
In Deutschland liegt das Vertrauen in die europäischen Institutionen unter dem europäischen Schnitt. „Man traut der EU viel zu, aber man traut ihr noch nicht voll“, sagte Kühnel. Es sei eine zentrale Aufgabe für alle europapolitischen Akteure, das Vertrauen in die EU zurückzugewinnen. „Das sind nicht nur Europäische Kommission und Europäisches Parlament, sondern auch Bundesregierung, Bundestag, Landesregierungen, Landtage und Verantwortungsträger auf allen Ebenen. Als Kommissionsvertretung in Deutschland wollen wir hier ein Bindeglied sein, um diesbezügliche Aktivitäten in enger Partnerschaft durchzuführen.“
Die Standard-Eurobarometer-Umfrage vom Frühjahr 2014 wurde vom 31. Mai bis zum 14. Juni 2014 in persönlichen Gesprächen durchgeführt. Insgesamt wurden 32 689 Personen in allen EU-Mitgliedstaaten sowie den Kandidatenländern befragt, in Deutschland etwa 1500 Personen.
Zum ersten Mal seit dem Beginn der Finanzkrise vor sieben Jahren glauben wieder mehr Europäer, dass sich die wirtschaftliche Lage in den nächsten 12 Monaten verbessern wird. Die Zustimmung zur Wirtschafts- und Währungsunion mit dem Euro als gemeinsamer Währung stieg im EU-Schnitt um 3 Prozentpunkte auf 55 Prozent. In Deutschland befürworten 75 Prozent der Bevölkerung den Euro, 4 Prozentpunkte mehr als im Herbst 2013.
Quelle: ec.europa.eu, Bild: depositphotos william87 06.08.2014