„Zentrale Grundlage der WTO ist das Meistbegünstigungsprinzip, wonach Handelsvorteile immer für alle WTO-Mitglieder in derselben Art und Weise gelten müssen. Ausnahmen sind nur erlaubt, wenn bilaterale Abkommen zwischen WTO-Mitgliedsländern annähernd den gesamten Handel liberalisieren, wie dies etwa beim EU-Binnenmarkt der Fall ist“, so Felbermayr. „Das Handelsabkommen zwischen den USA und Japan verstößt klar gegen diese Ausnahmeregelung vom Meistbegünstigungsprinzip. Im Grunde hätten daher alle WTO-Mitgliedsländer Anspruch auf die dort vereinbarten Handelsliberalisierungen, allerdings scheint kein Land einen solchen Konflikt mit den USA riskieren zu wollen.“
Andere bilaterale Handelsabkommen der USA, etwa mit Kanada oder Mexiko, sind sehr viel umfangreicher und umfassen sehr viel mehr Produktkategorien, in der Regel weit über 90 Prozent.
Auch Japan hat etwa im Handelsabkommen mit der EU (EUJEPA) 96 Prozent seiner Zölle liberalisiert, im Zuge der Transpazifischen Partnerschaft (CPTPP) sogar 97 Prozent.
Schlüsselsektoren für US-Exporte nach Japan, wie Maschinen und Anlagen, sind vom US-Japan-Abkommen nicht umfasst. Japan öffnet zwar seinen Agrarmarkt für US-Produkte, aber in geringerem Umfang als im Rahmen von EUJEPA und CPTPP.
„Die Zollzugeständnisse sind außerdem asymmetrisch zugunsten der USA verteilt und spiegeln die vergleichsweise schwache Position wider, aus der Japan die bilateralen Verhandlungen aufgenommen hat“, so Felbermayr.
„Der Fokus der USA lag bei dem Abkommen klar auf Agrarprodukte und Dienstleistungen im Digitalbereich. Diese offensichtliche Präferenz sollte die EU in den Verhandlungen mit den USA über Handelsliberalisierungen zu ihren Gunsten nutzen“.
Die Autoren warnen davor, dass solche bilateralen Kleinabkommen innerhalb der WTO zur Regel werden, etwa auch, um die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU zu lösen. Dies würde das Regelwerk der WTO weiter aushöhlen und wäre zum Nachteil für den internationalen Handel insgesamt.
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