Wirtschaft

In Deutschland fallen mehr Arbeitsplätze durch Automatisierung weg

3 Min.

26.04.2019

Wie sich die Arbeitswelt entwickelt hat und künftig aussehen wird, hat OECD-Generalsekretär Angel Gurria am Donnerstag in Berlin beschrieben. Aus dem Beschäftigungsausblick seiner Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geht hervor, dass in Deutschland wahrscheinlich mehr Arbeitsplätze durch Automatisierung wegfallen werden als im Durchschnitt in den anderen Mitgliedsländern der OECD. Andererseits ist Deutschland eines der wenigen Länder, in dem sich die Arbeitsmarktchancen junger Menschen verbessert haben.

Die OECD prognostiziert, dass in ihren Mitgliedsländern 14 Prozent der Arbeitsplätze einem hohem Automatisierungsrisiko ausgesetzt sind. Einige Arbeitsplätze verschwänden, gleichzeitig entstünden aber neue. In Deutschland ist es wahrscheinlicher als in den anderen Ländern, dass Arbeitsplätze durch Automatisierung rationalisiert werden – unter anderem, weil das verarbeitende Gewerbe einen hohen Stellenwert einnimmt und Arbeitsplätze mit Routineaufgaben und geringen Qualifikationsanforderungen eher automatisiert werden als Arbeitsplätze für Hochqualifizierte mit anspruchsvollen Tätigkeiten.

Viele Selbstständige werden in Deutschland von Armut betroffen sein

Die Analyse der OECD ergab auch, dass atypische Beschäftigungen in Deutschland genauso stark vorhanden sind wie in den anderen Ländern. Befristete Beschäftigungen und geringfügige Teilzeitbeschäftigungen sind in der Bundesrepublik häufig an der Tagesordnung; der Anteil von Frauen ist hoch. Arbeitnehmerähnliche Selbstständige gibt es wenige. Da Deutschland das einzige OECD-Land ist, in dem alle Selbstständigen freiwillig fürs Alter vorsorgen können, kommt die OECD zu dem Schluss: Viele Selbstständige werden im höheren Alter stärker von Armut betroffen sein.

Länderübergreifend hat sich die Lage für viele junge Menschen sowie Menschen mit geringer oder mittlerer Bildung in den vergangenen zehn Jahren auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert. Für Deutschland hat die OECD dagegen eine gute Nachricht: Die Arbeitsmarktchancen junger Menschen hätten sich in den vergangenen Jahren verbessert. Das Risiko, arbeitslos zu werden, sei für einen 15 bis 29-Jährigen, der nicht mehr ausgebildet wird, gesunken – von 13 Prozent Mitte der 2000er-Jahre auf derzeit 9 Prozent. Das sind vier Prozentpunkte weniger als der derzeitige OECD-Durchschnitt. Für diese positive Entwicklung nennt die OECD zwei Gründe: einen guten Arbeitsmarkt und eine gute wirtschaftliche Lage. Zudem erleichtert das duale Ausbildungssystem jungen Menschen, einen Job zu finden.

Arbeitnehmerähnlich Beschäftigte sind in Deutschland schlechter abgesichert

Schlechter als die anderen Länder schneidet Deutschland allerdings ab, wenn es darum geht, wie gut arbeitnehmerähnlich Beschäftigte sozial abgesichert sind. In der Bundesrepublik gelten Selbständige als arbeitnehmerähnlich Beschäftigte, wenn sie für einen Kunden arbeiten, der ihnen mindestens 50 Prozent ihres Einkommens zahlt. Sie können lediglich gemeinsam Tarifverhandlungen führen und einen Mindesturlaub von vier Wochen einfordern. Stärker benachteiligt als in den anderen Ländern werden in Deutschland auch Arbeitnehmer, die häufiger den Arbeitgeber wechseln. Denn im deutschen Rentensystem wirken sich Arbeitspausen negativer auf die Rentenansprüche aus. Darüber hinaus steht Arbeitnehmern erst nach einem ganzen Beitragsjahr Arbeitslosengeld zu.

Die OECD fand heraus, dass sich geringqualifizierte Erwachsene in Deutschland weniger weiterbilden als Hochqualifizierte – genau wie in den anderen Ländern. Etwa drei Viertel der hochqualifizierten Deutschen nehmen Angebote der Erwachsenenbildung wahr. Das trifft jedoch nur auf ein Viertel der Geringqualifizierten zu. Die Schere zwischen Hoch- und Geringqualifizierten, die sich weiterbilden, ist in Deutschland am größten. Der Grund: Hochqualifizierte Erwachsene bilden sich in Deutschland häufiger weiter als andernorts. Darum fordert die OECD: Deutschland sollte auf eine aktivere Politik in der Erwachsenenbildung setzen. Individuelle Rechtsansprüche auf lebenslanges Lernen und mehr Beratung zu Lernmöglichkeiten könnten die Situation verbessern.

Bildquelle: zhuzhu/depositphotos.com

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