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Mit der richtigen Strategie an der Börse traden

8 Min.

06.09.2024
Mit der richtigen Strategie an der Börse traden
Für manche ist die Börse ein Casino, für andere ein Markt, mit dem sich solide Geld verdienen lässt. Letzteres funktioniert aber nur, wenn man die Mechanismen versteht und erkennen kann, wie sich Trends entwickeln und wann Verluste drohen. Robin Kömel ist Trader und Börsenexperte – in unserem Interview verrät er, wie Trader mit den richtigen Informationen eine Strategie entwickeln können, mit der langfristig solide Gewinne möglich sind.
Herr Kömel, die Börse hat bewegte Zeiten hinter sich. Wie sind Sie selbst durchgekommen?

Wir sind sehr zufrieden. Wir arbeiten mit COT-Daten, das ist wie beim Pokerspielen in die Karten der anderen zu sehen. Unser Trading basiert auf der Auswertung dieser Daten, mit denen wir das Verhältnis von Angebot und Nachfrage erkennen. COT-Report steht für »Commitments of Traders Report« und zeigt uns, in welcher Höhe bestimmte Händlergruppen im Markt investiert sind. Der amerikanische Rohstoffmarkt wird von Behörden überwacht, die wöchentlich ermitteln, wie viel von dem jeweiligen Rohstoff gehandelt wird und monatlich, wie hoch die Lagerbestände sind. Diese Informationen verbinden wir mit weiteren Werkzeugen, wie Saisonalitäten, Terminkurven und dem Volume Profile, um die guten Handelssignale im Markt erkennen zu können.

Wie kann man auch in wirtschaftlich und politisch turbulenten Zeiten verlässlich, zum Beispiel mit Rohstoffen, traden? Welche Informationsquellen sind dafür hilfreich?

Rohstoffe unterliegen dem Angebot-Nachfrage-Verhältnis und natürlich aufgrund der Anbau- und Erntezeiten saisonalen Schwankungen. Der COT-Bericht gibt uns einen Einblick in die Positionierungen der Marktteilnehmer. Diese Informationen können wir nutzen, um ein Gefühl für das Marktumfeld zu bekommen und zu analysieren, wann große Trends entstehen und abbrechen könnten. Die verschiedenen Marktteilnehmer sind:

  • Commercials (Kommerzielle)

Die Commercials sind kommerzielle Händler, die sich über die Terminmärkte überwiegend gegen Preisschwankungen absichern (Produzenten und Konsumenten). Hier treffen Angebot und Nachfrage von Geschäften aufeinander, die nicht sofort, sondern erst zu einem späteren, spezifizierten Zeitpunkt zu standardisierten Bedingungen fällig werden.

Nehmen wir beispielsweise große Landwirtschaftsbetriebe. Bei ihnen fallen Kosten an, um ein bestimmtes Produkt, einen Rohstoff, herzustellen, der dann verkauft werden soll. Fällt der Preis dieses Rohstoffs unter seine Produktionskosten, wird der Landwirtschaftsbetrieb Probleme bekommen und im schlimmsten Fall insolvent gehen. Um dies zu vermeiden, sichern sich diese Betriebe über die Terminmärkte ab. Ein Landwirtschaftsbetrieb, der zum Beispiel Weizen anbaut, wird also auf dem Terminmarkt als Verkäufer auftreten. Er möchte möglichst viel Geld für seinen Weizen erhalten.

Nehmen wir an, der aktuelle Preis für den Weizen-Future liegt bei 500 Punkten. Der Weizenproduzent möchte sich zu diesem Preis absichern, weil er den Preis für teuer genug hält unter Berücksichtigung all seines Wissens über die aktuelle Situation in der Region und am Weltmarkt. Der Produzent verkauft dann also mehrere Kontrakte Weizen am Terminmarkt (Future Börse), um den Preis seiner Ernte vollständig oder teilweise abzusichern. Wir Trader sagen dazu, dass der Produzent eine Short-Position eingeht.

Wenn einige Wochen später der Preis auf 400 Punkte gefallen ist, hat der Produzent durch seine Short Position am Terminmarkt einen Gewinn von 100 Punkten pro Vertrag erzielt. Er schließt dann seine Short Position an der Future Börse und verkauft seinen Weizen für den aktuellen Preis von 400 Punkten. Er verkauft sein Produkt also sehr günstig. Das ist für den Produzenten aber in Ordnung, denn er hat seinen Gewinn an der Future Börse erzielt. So ist der Produzent gegen kommende Preisschwankungen abgesichert.

Die Commercials kennen sich am besten mit dem Rohstoff aus, weil sie selbst damit arbeiten. Gibt es eine Rekordernte, wissen die Produzenten dies als erste. Sollten Wetterphänomene die Ernte beeinflussen und es zu starken Ausfällen kommen so wissen dies die Produzenten als Erste. Sie sind die Insider am Markt, die wir genau beobachten und analysieren. Die Positionierung der Produzenten ist für uns eine enorm wichtige Information.

  • Non-Commercials (Fonds, Money Manager etc.)

Die Non-Commercials unterscheiden sich deutlich von den Commercials, denn ihr Hauptinteresse besteht darin, mit dem Handel von Terminkontrakten Gewinne zu erwirtschaften. Darunter fallen Fonds und Großinvestoren. Sie nehmen oft genau die entgegengesetzte Position zu den Commercials ein. Wir nennen diese Händlergruppe »Trendtrader«, denn sie handeln mit dem Trend. Interessant ist, wie die Großspekulanten im Markt investiert sind. Denn so wie insbesondere die Terminbörse funktioniert, müssen die Großspekulanten ihre Position nach einer Weile wieder schließen, weil ansonsten die Haltekosten zu teuer werden. Wenn schließlich die Großspekulanten den Markt wieder verlassen, führt das häufig zu sehr starken lawinenartigen Gegentrends. Denn wenn sie viel gekauft haben, müssen sie viel verkaufen, um ihre Position zu schließen und das kann dann zu starken Gegen-Bewegungen im Markt führen. Das ist also fast so wie ein physikalisches Gesetz, bei dem man sich sicher sein kann, dass es eintreten wird.

  • Non Reportable Positions (Kleinspekulanten)

Die Positionen der Kleinspekulanten sind so gering, dass sie keinen großen Einfluss auf die Preise hat. Deshalb beachten wir ihre Positionierung nicht.

  • Terminkurven

Wir verbinden die Informationen aus den COT-Daten mit den Terminkurven, um eine Trendrichtung oder-wechsel zu erkennen. Terminkurven sind eine graphische Darstellung der Schlusskurse des Vortages pro Kontaktmonat.

Zum Beispiel: Eine Situation, in der länger laufende Terminkontrakte niedriger notieren als der aktuelle Frontkontrakt, kennen Trader als Backwardation (zum Beispiel aktuell in Kaffee, Kakao oder Orangensaft). Eine Backwardation entsteht meist durch eine Angebotsverknappung des Rohstoffs, was zu steigenden Preisen führen kann. Diese Information ist für uns sehr wichtig, denn sie gibt uns einen Trend an.

Welche Eigenschaften muss ein Trader mitbringen, der seriös und kontinuierlich Geld verdienen möchte?

Die Psyche und mentale Einstellung sind von großer Bedeutung. Trading beinhaltet für uns nicht nur monetären Erfolg, sondern auch eine positive Grundeinstellung für ein besonnenes und geduldiges Trading, das nachhaltigen, langfristigen Erfolg erzeugt. Unser Regelwerk beruht auf wenigen und langfristigen Trades. Die Laufzeiten unserer Trades liegen im Bereich von Tagen bis zu Wochen, mit Ausnahmen von einigen Monaten. Wir machen im Jahr etwa 40 bis 60 Trades. Da ist Geduld gefragt, um zum Beispiel den perfekten Moment für den Ein- oder Ausstieg zu finden, das kann manchmal eine mentale Herausforderung darstellen. Was aber zählt ist der Wille, langfristig erfolgreich sein zu wollen.

Aber selbst mit Strategie und sorgfältiger Analyse besteht beim Traden ein Risiko. Welche Risiken sind das?

Signale auf Basis der Positionierung der Produzenten aus dem COT-Report funktionieren sehr gut und geben uns in vielen Fällen den richtigen Hinweis darauf, wohin der Kurs in den nächsten Wochen laufen wird. Da die Märkte nicht immer perfekt dem Signal folgen, handeln wir immer mit einem Stopp, um unser Risiko zu begrenzen. Die Risikobegrenzung ist ein zentrales Thema für alle, die sich langfristig und erfolgreich am Rohstoff-Markt betätigen wollen.

Unsere Strategie funktioniert nach klaren Regeln für den Ein- und Ausstieg, sowie der Stopp-Setzung. Die Risiko-Begrenzung steht bei uns an erster Stelle. Wir lassen Trades aus, wenn das Risiko zu groß ist, oder wir weichen auf Minis oder Micros aus. Das sind Finanzinstrumente, die genauso wie die großen Future-Kontrakte funktionieren, aber mit einem wesentlich kleineren Hebel gehandelt werden.

Welche Märkte sind für unerfahrene Trader geeignet und warum?

Die allermeisten Märkte kann man gut handeln. Volatile Rohstoffmärkte mit einer hohen Margin, wie derzeit bei Kakao, Orangensaft und Palladium empfehlen wir nicht für Einsteiger. Für den Einstieg ins Future Trading ist eine gute Ausbildung unerlässlich. Man sollte sich schließlich auch nicht ohne Führerschein ans Steuer setzen und direkt auf die Autobahn fahren. Der Handel ohne eine Ausbildung führt meistens zu vermeidbaren Verlusten.

Für eine langfristige und dauerhafte Performance empfehlen wir immer zuerst Märkte mit einem kleinen Risiko zu handeln, oder wenn möglich, auf Minis und Micros auszuweichen. Ist das Konto bereits angewachsen und Trading-Erfahrung vorhanden, kann man auf die großen Future-Kontrakte umstellen.

Wichtig aber ist vor allem für Einsteiger: Nicht der Preis-Chart ist entscheidend, sondern die Angebot-Nachfrage-Situation. Wenn man nur auf den Preis-Chart schaut, weiß man nie genau, in welche Richtung der Markt gehen könnte. Die kommerziellen Händler sagen uns, ob der Preis teuer oder günstig ist. Wir sehen das aktuell bei Orangensaft und Kakao. Diese Rohstoffmärkte erreichen seit über einem Jahr immer wieder neue Höchststände. Wenn man nur den Preis betrachtet, könnte man schon lange denken, dass er bald fallen muss. Doch beide Märkte sind weiter gestiegen, und man hätte großartige Handelsmöglichkeiten verpasst.

Ein Blick in den COT-Report zeigt uns, dass die Produzenten selbst bei den extrem hohen Preisen des Rohstoffes kaum verkaufen. Das scheint zunächst unlogisch – warum sollten Produzenten bei Höchstpreisen nicht verkaufen? Ganz einfach: Die Ernte war schlecht, oder Krankheiten haben die Pflanzen geschädigt. Es gibt wenig oder gar kein Angebot. Das sehen wir deutlich im COT-Report an der Positionierung der Produzenten und können mit diesen Informationen unsere Handelsentscheidung treffen in dem wir den Produzenten folgen.

MK

Unser Gesprächspartner: Robin Kömel ist CEO von Suricate Trading und IT-Spezialist. Er und sein Team haben sich auf den Future-Handel spezialisiert und praktikable Trading-Tools entwickelt.
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