»Bei Kryptowährungen geht es um Freiheit und Unabhängigkeit«

»Bei Kryptowährungen geht es um Freiheit und Unabhängigkeit« Bild: EMC Studios

Der Kryptomarkt boomt. Anleger möchten vor allem in Bitcoin investieren und seitdem in den USA erstmals Bitcoin-ETFs zugelassen wurden, werden es mehr. Umso wichtiger ist es, sich ganz genau mit Kryptowährungen auszukennen und zu wissen, wie man am besten investiert. Kay Schiefner, Gründer der K-Wealth-Academy, erklärt im Interview die derzeitige Lage des Kryptomarktes und worin er die Zukunft der Bildung im Bereich der Kryptowährung sieht.

Herr Schiefner, Mitte Januar wurden in den USA zum ersten Mal Bitcoin-ETFs genehmigt. Inwieweit hat sich seitdem der Kryptomarkt verändert? Sehen Sie Bitcoin-ETFs zukünftig auch in Deutschland?

Die Genehmigung von Bitcoin-ETFs in den USA im Januar hat zweifellos zu einer verstärkten Aufmerksamkeit für Krypto-Investitionen geführt. Bereits im Oktober des vergangenen Jahres begann die Spekulation auf die Zulassung dieser ETFs, was zu einer regelrechten Bitcoin-Rallye führte. Im September 2023 lag der Bitcoin-Preis noch bei etwa 26.000 US-Dollar, stieg aber bis zum Jahresende auf 42.000 US-Dollar.

Am 10. Januar wurde schließlich die ersten Bitcoin-ETFs genehmigt. Viele Marktteilnehmer erwarteten einen sofortigen Preisanstieg, der jedoch zunächst ausblieb. Zwar stieg der Bitcoin kurzzeitig auf etwa 49.000 USD-Dollar, korrigierte sich aber schnell auf unter 40.000 US-Dollar, was zu einer spürbaren Enttäuschung führte.

Allerdings reagierten institutionelle Anleger anders: Sie begannen verstärkt Bitcoin zu akkumulieren, was dazu führte, dass der Bitcoin-Preis im Februar und März 2024 einen enormen Anstieg verzeichnete. Bitcoin erreichte ein neues Allzeithoch von 74.000 US-Dollar. Historisch gesehen hat er noch nie ein neues Allzeithoch vor seinem Halving erreicht, was eindeutig auf die Genehmigung der Bitcoin-ETFs zurückzuführen ist.

Die Tore für Großinvestoren sind nun geöffnet und bereits jetzt halten die beiden größten ETF-Anbieter, Blackrock und Fidelity, über 428.000 Bitcoins im Wert von 27 Milliarden US-Dollar. Dies geschah innerhalb von nur drei Monaten nach Genehmigung der ETFs. Die zukünftige Entwicklung bleibt abzuwarten, aber die Aussichten sehen vielversprechend aus.

Die Frage, ob Bitcoin-ETFs auch in Deutschland zugelassen werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter regulatorische Überlegungen und die Marktnachfrage. Deutschland verfügt bereits über eine rechtliche Infrastruktur für den Handel mit Kryptowährungen und könnte daher ein potenzieller Kandidat für die Zulassung von Bitcoin-ETFs sein. Es wird jedoch erwartet, dass eine Genehmigung durch die Finanzaufsichtsbehörden sorgfältig geprüft und möglicherweise noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Bitcoin ist die wohl bekannteste Kryptowährung. In welchen alternativen Kryptowährungen sehen Sie außerdem Chancen für Anleger und warum?

Abgesehen von Bitcoin gibt es eine Vielzahl von alternativen Kryptowährungen, die verschiedene Merkmale und Anwendungsfälle bieten. Ich beziehe mich jedoch ungerne auf einzelne Kryptowährungen, sondern mehr auf gesamte narrative. Im Kryptomarkt spielen oft bestimmte Narrative eine entscheidende Rolle und erhalten einen regelrechten Hype, insbesondere während Bullenmärkten. Diese Narrative können den Erfolg bestimmter Kryptowährungen und Unternehmen stark beeinflussen. Ein herausragendes Beispiel war der Bullenmarkt im Jahr 2021, in dem Krypto-Unternehmen, die im Bereich Metaverse, NFTs und Blockchain-Gaming aktiv waren, enorme Gewinne verzeichneten. Kryptowährungen wie Sandbox, Axie Infinity oder Gala Games erlebten in diesem Jahr einen explosionsartigen Anstieg von mehreren tausend Prozent.

Allerdings ist es wichtig zu erkennen, dass die meisten dieser Kryptowährungen wahrscheinlich nie wieder ihr Allzeithoch erreichen werden. Der Kryptomarkt lebt von Narrativen und viele dieser Geschichten verlieren nach ihrem ersten Hype an Bedeutung. Viele Krypto-Unternehmen bauen auf Visionen und Geschichten auf, da ihre Produkte oft noch in der Entwicklung sind oder nur wenig genutzt werden.

In jedem Bullenzyklus entsteht jedoch ein neuer großer Hype und in diese neuen Narrative sollte investiert werden. Für den aktuellen Zyklus sind das ganz klar die Narrative rund um Real World Assets, künstliche Intelligenz (AI) und möglicherweise Layer-2-Lösungen für Bitcoin. Diese Narrative haben erst seit 2023 Aufmerksamkeit erlangt und könnten daher die besten Performer sein.

Andere Narrative wie Layer-1- und Layer-2-Lösungen oder DeFi bieten natürlich auch vielversprechende Investitionsmöglichkeiten, da sie die Grundpfeiler des Kryptomarktes sind. Auch Blockchain-Gaming halte ich nach wie vor für interessant, trotz des großen Hypes im Jahr 2021. Blockchain-Gaming ist mittlerweile mehr als nur eine Vision, da es einige vielversprechende Produkte gibt, die großes Potenzial haben. Es ist wichtig, die Entwicklungen im Kryptomarkt genau zu beobachten und auf aufstrebende Narrative zu setzen, um erfolgversprechende Investitionen zu tätigen.

Hier sind für mich die vielversprechendsten Kryptowährungen in den jeweiligen Narrativen:

Real World Assets = Ondo

Blockchain Gaming = Beam

AI = TAO

Layer 1&2 = Solana, Arbitrum

DeFi = AAVE

Welche Fehler haben Sie anfangs im Kryptomarkt gemacht? Was konnten Sie daraus für sich selbst lernen?

Im Jahr 2017 wurde ich durch einen Freund erstmals auf den Kryptomarkt aufmerksam gemacht. Anfangs war ich dankbar für die Einführung in diese aufstrebende Welt des digitalen Vermögens. Doch bald geriet ich in die Falle eines sogenannten Krypto-MLMs (Multi-Level-Marketing) und das war ein schwerwiegender Fehler. Ich kann nicht genug betonen: Finger weg von solchen Unternehmen! In den meisten Fällen – etwa 95 Prozent – funktionieren diese Systeme nicht und oft haben sie nichts mit Krypto zu tun.

Krypto-MLMs basieren auf einem Vertriebsmodell, das an sich nicht schlecht ist, da jedes Unternehmen einen Vertrieb benötigt, um zu wachsen. Das Problem ist jedoch, dass die meisten Krypto-MLMs viel zu hohe Provisionen an ihre Vertriebsmitarbeiter zahlen, und dieses Geld fehlt dann für die eigentliche Entwicklung der Produkte. Darüber hinaus wird man oft dazu verleitet, zu viel zu investieren. Statt mein Kapital vernünftig zu diversifizieren, investierte ich zu viel in ein einziges Unternehmen. Viele Menschen kommen zum ersten Mal mit Krypto in Berührung, wenn sie in ein Krypto-MLM investieren, und ihre Bezugs- oder Vertrauensperson ermutigt sie oft, mehr zu investieren, um höhere Provisionen zu erhalten. Das führt dazu, dass oft hohe vier- oder fünfstellige Beträge investiert werden. Ich selbst habe von 2017 bis 2020 in solche Unternehmen investiert. In jedem einzelnen Fall ist das Unternehmen nach 12 bis 24 Monaten verschwunden und das Geld der Anleger war weg. Ich habe dabei viel Geld verloren und das sollte anderen als Warnung dienen.

Ein weiterer großer Fehler sind Initial Coin Offerings, kurz ICOs. Diese vorbörslichen Investments in Kryptowährungen führen in über 90 Prozent der Fälle zu enormen Verlusten. Es ist ratsam, nur in bereits gelistete Kryptowährungen zu investieren, da man dort liquide ist und jederzeit kaufen und verkaufen kann.

Ein weiterer Fehler, den viele machen, ist, dem Herdentrieb zu folgen. In jedem Bullenmarkt investiert die breite Masse, wenn es bereits zu spät ist. Im Jahr 2021 haben die meisten Menschen Bitcoin bei über 50.000 US-Dollar gekauft und dann in Panik verkauft, als es um 70 Prozent gefallen ist. Dabei sollte man antizyklisch handeln: kaufen, wenn keiner über den Kryptomarkt spricht, und verkaufen, wenn jeder Bitcoin kaufen will. Wer diese Regel nicht befolgt, wird auf dem Markt nur verlieren. Es ist wichtig, klug und rational zu handeln und nicht den Emotionen zu folgen.

Sie beschäftigen sich selbst mit der Vermittlung von finanzieller Bildung. Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass Investoren eine solide Bildung im Kryptowährungsbereich erhalten?

Nicht nur Investoren sollten sich mit diesem Thema auseinandersetzen, sondern im Grunde jeder, dem seine eigenen Finanzen wichtig sind, denn Kryptowährungen bieten uns nicht nur herausragende Gewinnchancen, sondern auch mehr Kontrolle über unser Geld.

Leider sehen momentan die meisten Menschen den Kryptomarkt nur als reines Spekulationsgeschäft, aber er bietet weit mehr als nur die Möglichkeit, große Gewinne zu erzielen. Ja, mit Kryptowährungen sind herausragende Gewinne möglich, und ja, wir investieren in diesen Markt, um unsere finanziellen Ziele zu erreichen. Doch die eigentliche Philosophie hinter Kryptowährungen wird oft übersehen.

Bei Kryptowährungen geht es nicht nur darum, große Gewinne zu erzielen, sondern vielmehr um Freiheit und Unabhängigkeit durch die vollständige Kontrolle über unser eigenes Geld. Die Dezentralität, die uns die Blockchain-Technologie bietet, ist der Schlüssel dazu.

Auf meiner Ausbildungsplattform und in meinen Seminaren spreche ich hauptsächlich darüber, wie man diese Technologie nutzt, um mehr Kontrolle über sein Geld zu erlangen. Bitcoin wurde geschaffen, um ein alternatives Finanzsystem zu schaffen, das fairer für alle Teilnehmer ist und nicht von einer zentralen Instanz kontrolliert werden kann.

Die Vorteile, die wir durch Bitcoin erhalten, sind unbezahlbar: Wir können Geld auf der ganzen Welt versenden, ohne eine Bank zu benötigen. Niemand kann unsere Bankkonten einfrieren oder pfänden. Niemand kann das Bitcoin-Netzwerk kontrollieren, manipulieren oder einschränken. Bitcoin ist begrenzt und daher nicht inflationär. Die Geldschöpfung basiert auf Mathematik.

Wer sich nicht nur auf das Erzielen von Gewinnen konzentriert, sondern auch versteht, wie Bitcoin, Ethereum und andere Blockchain-Technologien funktionieren, wird ein viel breiteres Verständnis für den Umgang mit Geld, unser Geldsystem und innovative Technologien entwickeln. Dieses Wissen führt zu nachhaltigem Erfolg und nicht nur zu kurzfristigen Gewinnen. 

Wie könnte sich die Bildung im Bereich der Kryptowährung in Zukunft weiterentwickeln?

Der Zugang zu qualitativ hochwertigen Informationen über den Kryptomarkt hat sich seit meinem Einstieg im Jahr 2017 erheblich verbessert. Heutzutage gibt es eine Vielzahl von guten Nachrichtenportalen sowie hochkompetente YouTuber, die umfassend über den Kryptomarkt informieren. Auch ich möchte meinen Beitrag zur besseren Wissensvermittlung über Kryptowährungen leisten, indem ich meinen Online-Kurs kontinuierlich ausbaue, um sowohl Anfängern als auch Fortgeschrittenen eine fundierte Ausbildung zu bieten.

In Zukunft könnten Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen spezielle Lehrpläne und Kurse entwickeln, die sich mit Kryptowährungen, Blockchain-Technologie und deren Anwendungen befassen. Diese könnten von grundlegenden Einführungskursen bis hin zu fortgeschrittenen Studiengängen reichen.

Des Weiteren wäre es sinnvoll, die Einführung von Zertifizierungen und Abschlüssen im Bereich der Kryptowährungen voranzutreiben. Dies könnte dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit von Bildungsinstitutionen und Fachleuten zu stärken. Solche Zertifizierungen könnten von Branchenverbänden oder akademischen Institutionen angeboten werden und den Absolventen einen anerkannten Wissensnachweis sowie einen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt bieten.

Außerdem könnten Bildungseinrichtungen enge Partnerschaften mit der Krypto- und Blockchain-Industrie eingehen, um ihren Studierenden praxisnahe Erfahrungen und Einblicke zu ermöglichen. Dies könnte durch Praktika, Mentoring-Programme, Gastvorträge von Branchenexperten und gemeinsame Forschungsprojekte erfolgen.

 

Unser Gesprächspartner:

Kay Schiefner ist Finanzcoach und Gründer der K-Wealth-Academy, in der Anleger dabei unterstützt werden, erfolgreich mit Kryptowährungen zu handeln.

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