»Die großen Unternehmen wachen langsam auf«

»Die großen Unternehmen wachen langsam auf« Bild: Jil Langwost GmbH

Jil Langwost hat jahrelang im Finanzdienstleistungssektor gearbeitet. Für die Kundengewinnung jenseits der Kaltakquise überlegte sie sich eine Online-Strategie, um für Kunden sichtbarer zu werden. Die Jungunternehmerin berät Finanzdienstleister – auch auf Konzernebene. In unserem Interview spricht sie über die Schnelligkeit digitaler Wege und den moderaten Wandel der Branche.

Frau Langwost, jahrzehntelang war Kaltakquise für die Kundengewinnung im Finanzdienstleistungssektor erste Wahl. Das hat sich inzwischen geändert. Inwiefern haben soziale Netzwerke und die fortschreitende Digitalisierung diesen Bereich verändert?

Mittlerweile nutzt jeder von uns in der Freizeit und auch bei der Arbeit soziale Netzwerke für die Kommunikation. Auch das Nutzerverhalten ändert sich, wodurch die Menschen im Vergleich zu früher viel einfacher erreichbar sind. Diesen Vorteil der fortschreitenden Digitalisierung sollte man sich zunutze machen. Statt »Klinken zu putzen« heißt es jetzt, Werbeanzeigen zu schalten und Nachrichten zu versenden. Das ist schnell und für den Kunden viel angenehmer. Der Finanzberater muss sich nicht mehr aktiv darum kümmern; die Angebote kommen von selbst auf ihn zu, da er für potenzielle Kunden online sichtbar ist.

Viele Ihrer Klienten arbeiten für große Finanzdienstleistungsunternehmen. Wie kommt es, dass Sie den Unternehmen in Sachen Digitalisierung offenbar einen Schritt voraus sind?

Leider lautet hier die Ansicht wie in vielen anderen Branchen auch: »Never change a running system«. Jedoch wachen die großen Unternehmen langsam auf. Mittlerweile unterstützen wir auch Finanz- und Versicherungsunternehmen auf Konzernebene, da wir wissen, wie das Thema Digitalisierung genau funktioniert. Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.

Sie selbst waren ja auch Vertrieblerin im Dienstleistungssektor und haben schnell Erfolge verbucht. Was war der Impuls für Ihre Strategie? Sie hätten ja mit der gängigen Akquise weitermachen können.

Da es andere Finanzberater sehr interessiert hat, wie meine Strategie aufgebaut ist, habe ich damit angefangen, ihnen zu helfen. Ich kam an den Punkt, an dem ich mich entscheiden musste, ob ich nur noch anderen Beratern dabei helfen möchte oder weiterhin Versicherungen verkaufen will. Da mir aufgefallen ist, dass niemand Finanzberatern zeigen kann, wie die Online-Neukundengewinnung funktioniert, der es auch selbst in der Praxis umgesetzt hat, habe ich es mir als Aufgabe gesetzt anderen Finanzdienstleistern zu zeigen, wie sie sich online positionieren können. Das mache ich schon seit 2020 und habe bereits mehr als 600 Finanzdienstleistern in Deutschland, Österreich und der Schweiz geholfen.

Sie sind ein Digital Native. Glauben Sie, dass die Digitalisierung erst mit Ihrer Generation so richtig in Gang kommt, und warum? Können Sie in Ihrem Kundenkreis etwa eine Tendenz beobachten?

Es ist ganz klar meine Generation, die neue Technologien und Plattformen in der Zeit der Digitalisierung benutzt. Ich beobachte das auch bei meinen Kunden. Der Bestand der Finanzberater veraltet, deswegen gilt es, die neuen Kunden dort anzusprechen, wo sie unterwegs sind – und das ist online. Jedoch sind es besonders jüngere Finanzdienstleister, die Lust haben, anzufangen und durchzustarten. Nichts desto trotz melden sich auch viele Finanzberater ab 40 Jahren, die die Strategie auch erfolgreich mit uns umsetzen. Bei den älteren Finanzberatern merkt man jedoch, dass sie noch oft alte Akquise-Methoden benutzen. Für viele wirkt die Welt der Digitalisierung vorerst kompliziert, doch wir haben vielen Kunden ohne jegliche Vorerfahrungen bereits geholfen, sich eine Online-Präsenz aufzubauen. Das ist möglich!

Gerade im Bereich Versicherungen hat die Seriosität teilweise gelitten, weil manche Verkäufer durch Empfehlungen und Akquise im Familien- und Bekanntenkreis um Abschlüsse gebuhlt haben. Wie schätzen Sie das Image der Branche mittlerweile ein: Führt die digitale Akquise zu mehr Akzeptanz?

Dank der Digitalisierung ist es nicht mehr nötig, sich vom Bekanntenkreis abhängig zu machen. Man sollte nie sein Business davon abhängig machen, ob Freunde und Familie zu Kunden werden. Durch die Digitalisierung ist es so einfach wie noch nie, online sichtbar zu sein. Es gibt sehr viele Menschen, die Versicherungen brauchen, aber du als Finanzberater wirst nicht dort angezeigt, wo es wirklich wichtig ist.

MK

Jil Langwost ist Expertin für Online-Marketing im Finanzdienstleistungssektor. Als sich ihre eigene Strategie als erfolgreich erwies, gründete sie ihr Beratungsunternehmen »Jil Langwost GmbH«.

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