Die Finanzmärkte hatten sich ganz offensichtlich „mehr“ von der EZB erhofft. Die Marktreaktion zeigte unmissverständlich, wie abhängig die Finanzmärkte von immer mehr Liquidität und immer niedrigeren Zinsen geworden sind. Doch auch wenn die EZB „hinter den Erwartungen“ zurückgeblieben ist, sollte das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die EZB „auf Kurs“ ist: Sie verfolgt eine Politik der „kleinen Schritte“ und verabreicht die Niedrig- beziehungsweise Negativzinspolitik und die Geldmengenvermehrung in kleinen Dosen, nach und nach. „Unkonventionelle Politiken“ lassen sich so recht gut durchsetzen. Eine geldpolitische „Salamitaktik“ erschwert es der Öffentlichkeit, die negativen Effekte zu erkennen; und der einsetzende Gewöhnungseffekt schwächt den Widerstand, der sich ansonsten gegen die Politik regen würde.
Sparer und Investoren werden versuchen, den niedrigen beziehungsweise negativen Zinsen auszuweichen. Sie werden beispielsweise ihre Nachfrage nach Häusern und Aktien ausweiten. Auf diese Weise werden spekulative Preisblasen auf den Vermögensmärkten provoziert. Es kommt zu einer Fehllenkung von Kapital, die früher oder später erneut in eine Anpassungskrise führt. Verlässt Kapital den Euroraum, wertet der Euro-Außenwert ab. Die Bürger im Euroraum werden ärmer. Konsumenten müssen nun höhere Preise zahlen für den Erwerb von importierten Gütern wie zum Beispiel Energie und Software. Für Unternehmen aus dem Euroraum wird es teurer, beispielsweise im Ausland zu expandieren und Vermögen zu erwerben. Vor allem aber verhindert die EZB-Politik der Geldmengenvermehrung und der künstlich gesenkten Zinsen, dass die Volkswirtschaften im Euroraum auf einen „gesunden“, einen „natürlichen“ Wachstumspfad zurückkehren können. Die EZB befördert im Kern japanische Verhältnisse im Euroraum. Das Wirtschaftsgeschehen wird zusehends stagnativ, weil Ineffizienz und staatliche Misswirtschaft mit der EZB-Notenpresse subventioniert werden. Hinter all dem verbirgt sich das Bestreben des EZB-Rates, im Zuge vieler kleiner Schritte die Kaufkraft des Euro herabzusetzen. Die EZB-Räte wissen vermutlich, dass nur so, wenn überhaupt, der Euroraum zusammengehalten werden kann.
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