»Die Deutschen sind Sparweltmeister«, lautet ein gepflegtes Klischee. Tatsächlich ist der Spareifer der Bundesbürger im Nationenvergleich überdurchschnittlich ausgeprägt. Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat liegt die Bruttosparquote der privaten Haushalte bei rund 23 Prozent. Das ist der Teil des Bruttoeinkommens, der nicht für Konsumausgaben verbraucht wird. In den meisten anderen Ländern Europas fällt diese Kennziffer deutlich niedriger aus. So beläuft sich die Bruttosparquote in Frankreich und Spanien auf rund 18 Prozent, in Italien und Spanien beträgt sie nur 15 Prozent und die Dänen und Portugiesen legen im Schnitt nur jeden zehnten Euro ihres Bruttoeinkommens beiseite.
Angesichts der hohen Sparquote überrascht es nicht, dass die Deutschen im Lauf der Jahre und Jahrzehnte ein beträchtliches Vermögen angesammelt haben. Wie aus der Statistik der Deutschen Bundesbank hervorgeht, belief sich das Geldvermögen der privaten Haushalte im vergangenen Jahr auf fast 7,5 Billionen Euro. Das ist eine immense Summe. Angelegt zu fünf Prozent ergäbe das einen Ertrag von 375 Milliarden Euro pro Jahr. Und genau hierin liegt das Problem: Denn die Deutschen gehören zwar europaweit zu den besten Sparern, sie zählen gleichzeitig aber auch zu den schlechtesten Anlegern. Was damit gemeint ist, verdeutlicht ein Blick in die Bundesbank-Statistik. Denn mehr als 40 Prozent des Geldvermögens, also rund drei Billionen Euro werden als Bargeld gehortet oder verstauben als Bankeinlagen. Weitere 35 Prozent stecken in zum Teil konservativen und teuren Versicherungsprodukten. Ergebnis: Ein Großteil des angesammelten Vermögens warf auf diese Weise in den vergangenen Jahren kaum oder gar keine Rendite ab.
Mit mehr Strategie und Weitsicht bei der Geldanlage ließe sich das Ertragspotenzial des Vermögens deutlich verbessern. Dazu gehört vor allem, dass deutsche Anleger stärker die Chancen des Aktienmarktes nutzen sollten als sie das bisher tun. Es stimmt, Aktienkurse mögen temporär zwar schwanken, was einer der Hauptgründe sein dürfte, warum viele Bundesbürger vor entsprechenden Investments zurückschrecken. Allerdings hat die Vergangenheit auch gezeigt, dass der Aktienmarkt auf lange Sicht – was die Renditechancen betrifft – nahezu allen anderen Anlageklassen überlegen ist. So erzielte der US-Leitindex S&P 500 in den vergangenen 50 Jahren eine durchschnittliche jährliche Rendite (CAGR) von 10,2 Prozent pro Jahr – Dividenden nicht mitgerechnet. Das ist deutlich mehr als im gleichen Zeitraum mit US-Geldmarkt-Anlagen (CAGR: 4,3 Prozent) oder US-Staatsanleihen (CAGR: 6,1 Prozent) zu verdienen war.
Leider ist ein Großteil der deutschen Sparer in zu hohem Maße sicherheitsorientiert, obwohl zum Erreichen der Vorsorgeziele ein Umdenken erforderlich wäre. In vielen anderen westlichen Ländern wie den USA, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden oder auch Schweden stehen Aktien bei den Bürgern als probates Mittel zur Vermögensbildung und Altersvorsorge weit höher im Kurs. Geradezu vorbildliche Aktiensparer sind die US-Amerikaner. Dort sind mehr als 100 Millionen Menschen allein über sogenannte DC-Pläne abgesichert – mit einem Gesamtwert der darin befindlichen Vermögenswerte von rund 11 Billionen US-Dollar. DC-Pläne sind steuerlich begünstige Altersvorsorgeanlagen, bei denen der Arbeitnehmer automatisch einen bestimmten Teil seines monatlichen Gehalts auf ein gesondertes Konto (401k-Konto) bei einer Investmentgesellschaft einzahlt, wobei der Arbeitgeber in der Regel einen freiwilligen Zuschuss leistet. Zur Auswahl stehen verschiedene Anlagestrategien wie Aktien-, Misch- oder Rentenfonds. Wie stark die Amerikaner dabei auf Aktien setzen, zeigt eine Auswertung von Vanguard auf Basis der fünf Millionen 401(k)-Konten, die im eigenen Haus geführt werden. Demnach enthielten nur drei Prozent der Zielfonds keine Aktien.
Zuversichtlich stimmt, dass mittlerweile mehr Deutsche die Vorzüge von Aktien erkennen. Wie aus einer aktuellen Studie des Deutschen Aktieninstituts (DAI) hervorgeht, erhöhte sich die Zahl der Menschen, die in Aktien, Aktienfonds oder Aktien-ETFs investiert sind, im vergangenen Jahr um 830.000 auf insgesamt 12,9 Millionen Personen. So erfreulich es ist, dass die Zahl der Aktienbesitzer hierzulande zugenommen hat, so wichtig ist es auch, bei der Wahl einer konkreten Anlage das zu den eigenen Bedürfnissen und Zielen passende Vehikel zu finden. Laut Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts sind das vor allem Fonds und ETFs. Sie stellen die mit Abstand beliebteste Form der Aktienanlage in Deutschland dar. Über einen starken Zulauf erfreuten sich in den vergangenen Jahren insbesondere ETFs und ETF-Sparpläne. Sie punkten gegenüber aktiv gemanagten Fonds mit zum Teil deutlich geringeren Kosten, einer besseren Handelbarkeit sowie einer hohen Transparenz.
Wer in Aktien investieren möchte, etwa per Fonds oder ETF, sollte sich vor allem zwei Fragen stellen. Zum einen: Ist das Anlageprodukt langfristig sinnvoll und im Vergleich mit Anlagealternativen attraktiv? Und zum anderen: Ist die Anlage auf meine langfristigen Bedürfnisse und Ziele zugeschnitten? Wie wichtig diese beiden Aspekte sind, zeigt folgendes Beispiel: In den vergangenen Jahren nahm die Zahl der Investmentprodukte, die ein bestimmtes, gerade angesagtes Nischenthema – wie etwa Wasserstoff oder Blockchain – im Fokus haben, rasant zu. Die Gefahr bei solchen „Mode“-Investments: Was heute „in“ ist, kann schon morgen wieder “out“ sein. Die Enttäuschung ist dann meistens groß. Zum einen, weil entsprechende Produkte häufig die in sie gesteckten Renditeerwartungen nicht erfüllen. Zum anderen, weil solche Themenfonds überdurchschnittlich oft geschlossen werden. Nach Auswertung von Morningstar werden vier von fünf Themenanlagen keine zehn Jahre alt. Eine Fondsschließung ist in der Regel mit Nachteilen verbunden. Entweder wird das Fondsvermögen liquidiert, sodass Gewinne oder Verluste realisiert und gegebenenfalls Steuern fällig werden. Oder der Fonds wird mit einem anderen verschmolzen, sodass sich womöglich der Anlageschwerpunkt ändert und das Portfolio nicht mehr den Zielen des Anlegers entspricht.
Anleger sollten sich bei der Produktauswahl von Qualität und nicht von Quantität leiten lassen. Ein breites Angebot an ETFs und Fonds ist nicht notwendigerweise ein Indikator für eine erstklassige Investmentgesellschaft. Stattdessen sollte man auf die Klasse des Angebots achten, das heißt auf die Diversifikation innerhalb des ETFs und auf niedrige Managementkosten. Für Anleger, die ihr Portfolio nicht selbst aufbauen und verwalten möchten, kann eine digitale Vermögensverwaltung eine gute Lösung sein. Vanguard Invest bietet hier eine einfache und kosteneffiziente Möglichkeit, die Geldanlage in erfahrene Hände zu geben. Das persönliche Chance-Risiko-Profil und die Anlageziele werden berücksichtigt, um passende Portfolio-Vorschläge zu erstellen. Anpassungen sind jederzeit möglich, um den Bedürfnissen und Zielen der Anleger gerecht zu werden.
Der Autor:
Jesper Wahrendorf ist Head of Vanguard Invest, dem digitalen Anlageservice von Vanguard. Davor leitete Wahrendorf das Fintech-Unternehmen Ratepay. Insgesamt umfasst die Karriere des Experten fast 20 Jahre in den Bereichen Online-Zahlung, E-Commerce und Strategieberatung.
Autorenfoto: Vanguard Group Europe GmbH