Das niedrige Zinsniveau in der Eurozone erfreut zwar kurzfristig die Haushaltspolitiker in den Mitgliedsländern, es birgt aber teils erhebliche Risiken für die Finanzmarktstabilität in Deutschland, die langfristige Entwicklung der öffentlichen Haushalte und die Altersvorsorge. Dies ist das Ergebnis einer Analyse der IfW-Experten Jens Boysen-Hogrefe und Nils Jannsen, die jetzt im Wirtschaftsdienst erschienen ist. • Die niedrigen Zinsen verdecken die Notwendigkeit zur Haushaltskonsolidierung. Planen die Haushälter nicht künftig steigende Nominalzinsen ein, so würde eine Zinswende einen starken Druck zur Haushaltskonsolidierung mit negativen Folgen für die konjunkturelle Entwicklung auslösen.
• Niedrige Zinsen fördern eine übermäßige Risikoneigung und Kreditvergabe und gefährden so die Finanzmarktstabilität. Denn Finanzmarktakteure wie etwa Lebensversicherer gehen bei niedrigen Zinsen häufig größere Anlagerisiken ein, um die Renditeversprechungen, die sie in einer Phase höherer Nominalzinsen eingegangen sind, zu erfüllen.
• Mit Blick auf die Altersvorsorge bestehen vor allem Gefahren für die Anbieter von Altersvorsorgeprodukten. Sie haben langlaufende Verträge zur Altersvorsorge ihrer Kunden teilweise mit nominal garantierten Zinssätzen geschlossen, haben aber selbst kaum Vorsorge für eine längere Periode niedriger Nominalzinsen getroffen. Das Insolvenzrisiko ist für diese Anbieter daher stark gestiegen.
Die Politik sollte angesichts dieser Gefahren die Verschuldung deutlich schneller zurückfahren, als in der Schuldenbremse vorgesehen. Außerdem sollten die im Basel-III-Regelwerk vorgesehenen Instrumente – höhere Eigenkapitalanforderungen, Einführung eines Kapitalerhaltungspuffers und einer Verschuldungsgrenze zur Eigenkapitalhebelung – in Deutschland rascher und restriktiver eingeführt werden als bei Basel III vorgesehen.