Der Plan der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu bringen, ist gescheitert. Dennoch werden striktere Emissionsgesetze und der technische Fortschritt bei elektrischen Antrieben den Trend zur E-Mobilität mittelfristig weiter beschleunigen. Zu diesem Fazit kommt die aktuelle Analyse der internationalen Managementberatung Bain & Company.
Wie deutlich das E-Mobilitätsziel der Bundesregierung aus dem Jahr 2011 bislang verfehlt wird, belegen die niedrigen Zulassungszahlen. So waren 2014 hierzulande nur rund 26.000 reine Elektroautos und Plug-in-Hybride – also Autos mit Elektroantrieb und konventionellem Motor, deren Batterie auch über das Stromnetz aufgeladen werden kann – unterwegs. Nach den Plänen der Politik hätten es bereits 100.000 sein sollen. Auch zum Jahresende 2015 ist kaum Besserung in Sicht. Laut Bain-Analyse wurden von Januar bis November in Deutschland 20.288 Elektroautos und Plug-in-Hybride zugelassen. Dies lässt für das Gesamtjahr rund 23.000 Fahrzeuge erwarten. Doch statt der angestrebten 200.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride wird der Gesamtbestand Ende 2015 bei weniger als 50.000 Fahrzeugen liegen – und damit rund 75 Prozent unter der Zielvorgabe der Bundesregierung. Dass sich daran auch so schnell nichts ändern wird, zeigt das Verhältnis der Neuzulassungen zum Gesamtmarkt. Hier liegt Deutschland im internationalen Vergleich im ersten Quartal 2015 mit einer Elektroautoquote von lediglich 0,6 Prozent weit abgeschlagen hinter Norwegen (33,1 Prozent) und der Niederlande (5,7 Prozent). „Damit ist das ursprüngliche Ziel der Politik von einer Million E-Autos im Jahr 2020 nicht mehr zu schaffen“, stellt Dr. Klaus Stricker, Leiter der weltweiten Praxisgruppe Automobil bei Bain & Company, fest.
„Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, jetzt jenseits aller politischen Visionen eine solide Basis für einen nachhaltig wachsenden Markt für alternative Antriebe zu schaffen“, sagt Bain-Partner Stricker. Noch immer hat diese Technologie auch hierzulande gute Chancen. Der technische Fortschritt wird dabei zum wesentlichen Treiber des Strukturwandels. Laut Bain-Analyse werden die Kosten für Li-Ionen-Batteriesysteme bis zum Jahr 2018 deutlich sinken – von heute 260 Euro/kWh auf dann unter 150 Euro/kWh. „Durch die Weiterentwicklung der Batterietechnologie sind ab 2022 sogar 110 Euro/kWh möglich“, prognostiziert Stricker. Der Rückgang der Kosten in den nächsten Jahren um mehr als 50 Prozent wird den Strukturwandel zusätzlich befeuern.
Parallel wird die Politik die Umweltauflagen erneut verschärfen, sodass die Kosten für konventionelle Antriebe durch die weitere Optimierung von Motoren und Abgastechnologie weiter steigen werden. Gerechnet über den gesamten Lebenszyklus werden sich die Kosten reiner Elektroautos mit der erforderlichen Reichweite und entsprechender Batteriekapazität gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor etwa 2022 angleichen. Der exakte Zeitpunkt dieser Kostenparität hängt von verschiedenen, nicht genau prognostizierbaren Faktoren ab. Dazu gehört die Entwicklung des Öl- und Treibstoffpreises. Hinzu kommen nationale und lokale politische Entscheidungen wie Null-Emissions-Zonen in Innenstädten. „Hersteller und Zulieferer brauchen heute bereits ein klares Zielbild, wo sie in fünf Jahren in puncto Elektromobilität stehen wollen, wenn die Gesamtkostenbasis konkurrenzfähig wird“, so Bain-Partner Stricker. „Von kurzfristigen Entwicklungen dürfen sie sich nicht verunsichern lassen.“
Um die Emissionsziele jenseits von 2020 zu erreichen, ist die weitere Elektrifizierung des Antriebsstrangs unumgänglich. Bain sieht dazu folgende wesentliche Handlungsfelder:
„Auch wenn das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 nicht erreicht wird, müssen sich die Automobilhersteller schon heute auf die nächste Welle vorbereiten, die zu Beginn des neuen Jahrzehnts kommen wird“, stellt Bain-Experte Stricker fest. „Die anstehenden Veränderungen sind strukturell und werden der Elektromobilität einen massiven Schub geben.“
Bild: Johannes Wiesinger_pixelio.de