»Regulierungen führen in die Steinzeit«

»Regulierungen führen in die Steinzeit« Bild: Markus Czerner

Regeln können Orientierung bieten und sie können Fortschritt und Kreativität verhindern. Buchautor und Speaker Markus Czerner ist der Meinung, dass die deutsche Wirtschaft unter den vielen Regulieren leide und sie deshalb vor vielen Problemen stehe. In unserem Interview erklärt er, was stattdessen nötig ist, um die Wirtschaft zu beleben und warum Unternehmer mehr Quereisteigern eine Chance geben sollten.

Herr Czerner, warum ist ein Unternehmer, wie er »im Buche steht« und der sich an alle Regeln hält, nicht zwingend erfolgreich?

Weil Regeln limitieren und uns in unserer Freiheit beschränken können. Wer alles nach Vorschrift macht, wird selten etwas Fortschrittliches schaffen. Manchmal muss man sich als Unternehmer neu erfinden und komplett neue Wege gehen. Allein schon durch den technischen Fortschritt. Wer sich zu stark an Regeln hält, wird die neuen Wege nicht entdecken. Erzählen Sie Elon Musk einmal etwas von der »Das geht nicht-Regel«, die viele Unternehmer im Kopf haben …

In einer Ihrer Keynotes sprechen Sie von »Chancenintelligenz«. Was ist das genau?

Im Wald geht das Gerücht rum, dass der Bär eine Todesliste hat und alle Tiere haben Angst auf dieser Liste zu stehen. Als erstes geht der Fuchs zum Bären und fragt ihn, ob er eine Todesliste hat. Der Bär sagt: »Ja, und du stehst auch darauf.« Einen Tag später ist der Fuchs tot. Als nächstes geht die Sau zum Bären und stellt ihm die gleiche Frage. Sie bekommt die gleiche Antwort und einen Tag später ist die Sau tot. Dann geht der Hase zum Bären und fragt: »Bär, hast du eine Todesliste?« Der Bär sagt: »Ja, und du stehst auch darauf!« Da fragt der Hase den Bären, ob er ihn bitte streichen könne und der Bär sagt: »Kein Problem!«
Das ist Chancenintelligenz. Wir warten unser ganzes Leben auf Chancen, dabei ist jeder Tag voll mit Chancen. Wir müssen sie nur sehen und eben auch nutzen. Erfolgreiche Menschen erkennen Chancen, wenn sie da sind und ergreifen sie eben auch.

Wie passen die deutschen Regulierungen und Compliance-Anforderungen mit Kreativität zusammen?

Leider gar nicht, deswegen haben wir in der Wirtschaft auch die Probleme, die wir haben. Was fehlt sind Innovationen und Fortschritt. Unsere deutschen Regulierungen und das Compliance verhindern genau das. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen doch größtenteils nur noch Dienst nach Vorschrift, in dem es keinen Raum mehr für eigenständiges Denken gibt. Alles wird reguliert und vorgegeben. Ich formuliere es mal ganz plakativ: In zahlreichen Unternehmen geben Mitarbeiter morgens ihr Gehirn am Empfang ab, befolgen acht Stunden Regeln und nehmen nach Feierabend ihr Gehirn wieder mit. Wir stehen uns mit den ganzen Regulierungen selbst im Weg und entwickeln unsere Wirtschaft und unser Land zurück in die Steinzeit.

Nicht nur Werbeagenturen oder Modeunternehmen sind kreativ. Streng genommen können alle Unternehmen kreativ sein, denn dabei geht es ja auch um Lösungsfindung auf neuen Pfaden. Hier müssten viele Unternehmer noch umdenken, aber wie?

Zahlreiche Unternehmen kommen irgendwann an den Punkt, an dem sie verwalten. Aber das Verwalten erstickt das Wertschaffende. Als Unternehmer musst du dich immer wieder neu erfinden und am Puls der Zeit sein. Das geht nur mit einem gesunden Maß an Kreativität. Grundsätzlich muss sich jeder Unternehmer fragen, was er will: Will ich das, was da ist, verwalten? Oder will ich neue Standards setzen und vorausgehen? Letzteres führt zum Erfolg. Wer hingegen nur verwaltet, wird irgendwann untergehen. Ich denke, es muss gar nicht groß umgedacht werden, es braucht lediglich den Mut, voranzugehen und etwas zu machen, was noch niemand zuvor gemacht hat.

Wie können Unternehmer ihren Mitarbeitern die richtige Balance aus notwendigem Regelwerk und »Out oft he Box«-Denken vermitteln?

Unternehmer sollten ihren Mitarbeitern ein gewisses Maß an Freiheit geben. Aber eben auch Vertrauen. Es muss nicht immer nur alles nach Regelwerk umgesetzt werden. Manchmal ist es zielführend, anders zu denken. Deswegen sind Quereinsteiger auch so beliebt für viele Unternehmen. Solche Leute sind nicht voreingenommen und denken anders; Weil sie die Regeln des Marktes nicht kennen und gewisse Dinge einfach nicht wissen. Und das ist gut so. Das eröffnet oftmals völlig neue Wege und Möglichkeiten. Wer seit 20 Jahren den gleichen Job macht oder in einer bestimmten Branche arbeitet, der ist in einer gewissen Form geprägt davon und denkt in Mustern, die durch Regeln entstanden sind. Wer diese Regeln nicht kennt, denkt eben auch anders. Unternehmer sollten also hin und wieder auch mal Quereinsteigern eine Chance geben …

Info: Der ehemalige Tennisprofi Markus Czerner ist Bestseller-Buchautor und zählt zu einem der Top Keynote Speaker in Deutschland.

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