»Für junge Menschen ist Eigentum die beste Maßnahme gegen Altersarmut«, erklärte der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz noch vor wenigen Jahren – und wurde für dieses Statement scharf kritisiert. Denn noch immer ranken sich um das Thema Immobilien viele Mythen, meint Investor und CEO Stephan Gerlach. Warum Investitionsentscheidungen vor allem datenbasiert erfolgen sollten und was beim Einstieg in den Immobilienmarkt zu beachten ist, hat er im Interview erläutert.
Herr Gerlach, viele Menschen träumen von finanzieller Unabhängigkeit, für die meisten bleibt sie aber unerreichbar. Liegt das wirklich nur am Mindset oder an typischen Fehlern?
An beidem! Wer Vermögensaufbau wie Konsum behandelt, landet selten bei Freiheit. Entscheidend ist ein Investoren-Mindset: Zahlen vor Gefühlen, Assets statt Konsum, gute, statt schlechte Schulden. Viele scheitern an Mythen, wie etwa: »Schulden sind per se schlecht« oder: »Immobilien sind nur was für Reiche« und treffen dann emotionale, statt datenbasierter Entscheidungen. Ich investiere dort, wo Cashflow, Lage und Entwicklung stimmen – nicht, wo mir die Fliesen gefallen.
Was macht Immobilien gegenüber anderen Anlagen so attraktiv?
Immobilien liefern doppelte Rendite: laufende Mieten und langfristige Wertsteigerung – und das in einem realen, versicherbaren Sachwert! Anders als Aktien oder Coins hängen sie weniger an Stimmungen, sondern an Standort, Nachfrage und Management. Gleichzeitig profitieren Eigentümer von Inflation, das heißt, die Mieten, beziehungsweise Preise, steigen, von steuerlichen Vorteilen und davon, dass die Tilgung Vermögen aufbaut.
Welche Eigenschaften muss die Immobilie haben, damit sich das Investment lohnt?
Hier sind vor allem drei Filter wichtig:
1. Lage und Nachfrage: stabile Jobs und Infrastruktur, echte Mieterzielgruppe, Vermietbarkeit.
2. Zahlen: positiver Cashflow heute, saubere Finanzierung, realistische Rücklagen – nicht auf »Hoffnung« kalkulieren!
3. Potenzial: Das zählen Ausbaureserven und das Optimierungspotenzial (energetisch, Grundriss, Balkone, DG-Ausbau, etc.). Ich kaufe gern unterbewertet und hebe den Wert durch Maßnahmen, statt ihn teuer einzukaufen.
Immobilien gelten als krisensichere Wertanlage – allerdings auch als eine hochpreisige. Wie viel Eigenkapital braucht es für den Einstieg und welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es?
Bonität schlägt Barvermögen! Mit solidem Einkommen vergeben Banken gern hohe Beleihungen; die Nebenkosten – circa fünf bis zehn Prozent, je nach Bundesland und Dealstruktur, sollten idealerweise aus Eigenmitteln kommen – lassen sich aber je nach Modell auch mitfinanzieren oder über den Kaufpreis lösen.
Die Werkzeuge sind: lange Zinsbindungen mit zehn-Jahres-Sonderkündigungsrecht (§ 489 BGB), Forward-Darlehen, flexible Tilgung, Mischungen aus Annuität/Endfälligkeit – je nach Ziel Cashflow vs. Steuer. Kurz: Einstieg ist auch mit wenig Eigenkapital möglich, sofern Bonität und Deal rechnen.
Sie schreiben: »Immobilien bieten Dir die Chance auf unvergleichlich schnellen Vermögensaufbau« - dabei gelten Immobilien üblicherweise als langfristiges Investment. Was machen Sie anders als andere Investoren?
Ich nutze Hebel konsequent: günstiges Eigenkapital + Bankdarlehen + Wertsteigerung durch aktives Management. So erwirtschaftet das Objekt Rendite auf mein eingesetztes Kapital – nicht umgekehrt. Halten, optimieren, refinanzieren, reinvestieren – und nach Fristen steueroptimiert umschichten; zum Beispiel durch den steuerfreien Verkauf im Privatvermögen nach zehn Jahren; in Strukturen mit Reinvestitionsklauseln schneller. Das Ergebnis: ein langfristiges Asset, aber ein schnellerer Eigenkapitalaufbau!
Wenn Sie angehenden Immobilien-Investoren nur einen einzigen Tipp auf den Weg geben könnten, welcher wäre das?
Kauf dir Zeit und Kompetenz – rechne, dann delegiere! Starte mit einem zahlengestützten Erstkauf (Cashflow positiv), nutze eine professionelle Verwaltung, beziehungsweise Finanzierung, und investiere deine eigene Zeit nur dort, wo sie den größten Hebel hat. Wer alles selbst macht, baut selten passives Einkommen auf – wer konsequent hebelt und reinvestiert, schon!
AS (L)
Unser Gesprächspartner:
Stephan Gerlach ist CEO der Gerlach Immobilien Gruppe und Vorstand der Hanseatischen Wohnungsgenossenschaft. Am 23. September erscheint sein neues Buch »Immobilien-Investitionen leicht gemacht«.
Beitragsbilder: Oliver Reetz