Die Schuhkette Görtz, der Hygienepapierhersteller Hakle und der Autozulieferer Dr. Schneider haben in den vergangenen Tagen Insolvenz angemeldet. In vielen Medien wird derzeit die Sorge vor weiteren Insolvenzen diskutiert. Die Energiekosten explodieren, die Inflation steigt und die Kauflust der Konsumenten sinkt. Aber auch die Industrie ist betroffen. Der weltgrößte Stahlkonzern ArcelorMittal hat vergangene Woche angekündigt, wegen der hohen Gaspreise zwei Anlagen vorübergehend abzustellen.
Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung der Auskunftei Creditreform, sieht die deutsche Wirtschaft in einer entscheidenden Phase. »Es braut sich ein Pleite-Sturm zusammen. Die Zahl der Insolvenzen wird deutlich steigen«, wird er in einem Bericht des Onlineportals »t-online« zitiert. Es ist geltendes Recht, dass Unternehmen, die nicht genügend umsetzen, Insolvenz anmelden müssen.
Laut offizieller Statistik hatten bis Mai 5.973 Unternehmen Insolvenz angemeldet, im selben Zeitraum 2021 waren es 6.211 und davor 7.652. Aber: »Der größte Teil der Kostensteigerungen kommt auf viele Unternehmen erst noch zu«, meint Hantzsch. Selbst wenn Festpreise für Gas und Strom vereinbart und derzeit noch nicht spürbar seien – die Preiserhöhungen kämen noch, und dann könnten Unternehmen Schwierigkeiten bekommen, die Rechnungen zu bezahlen.
Klaus-Heiner Röhl, Ökonom beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schätzt dem Bericht zufolge, dass die aktuelle Situation vor allem für energieintensive Unternehmen schlimmer als die Covid-Krise ist, denn die staatlichen Hilfen fallen geringer aus, was aus seiner Sicht eine Pleitewelle wahrscheinlicher macht. »Und sie könnte größere Unternehmen treffen als die Corona-gebeutelten Dienstleister, denn der industrielle Mittelstand hat häufig mehrere Hundert bis über 1.000 Beschäftigte«, wird er zitiert.
Laut einer Studie des Industrieverbands BDI hat fast jedes zehnte Unternehmen die Produktion bereits gedrosselt oder sogar unterbrochen, heißt es in einem Bericht des Onlineportals des »Spiegel«. Fast jede vierte Firma kann sich demnach vorstellen, Unternehmensanteile oder Teile der Produktion sowie Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern.
MK