Die neue Erhöhung um 0,25 Prozent sorgt für den höchsten EZB-Leitzins seit Beginn der Weltfinanzkrise Anfang Oktober 2008. Überraschend kam die Maßnahme nicht, denn EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte den Schritt schon in Aussicht gestellt. Auch die US-Notenbank Fed hatte kurz zuvor am Mittwoch den Leitzins so hoch wie seit 22 Jahren nicht mehr angesetzt. Er liegt jetzt in der Spanne von 5,25 Prozent bis 5,5 Prozent.
Zinserhöhungen verteuern Kredite, was wiederum die Nachfrage reduzieren und Inflation absenken kann. In der Tat ist die Teuerungsrate im Euroraum von 6,1 Prozent im Mai auf 5,5 Prozent im Juni gefallen. Damit liegt der Wert allerdings immer noch deutlich über dem mittelfristigen Inflationsziel der EZB von zwei Prozent. Erst dann sieht die EZB das Kriterium der Preisstabilität erfüllt. Diese ist wichtig zur Wahrung der Kaufkraft.
Zinserhöhungen haben aber auch ihre Schattenseiten. Denn sie verteuern auch Kredite für Unternehmen, was zu weniger Investitionen führen könnte. Das bremst die Konjunktur und steigert die Gefahr von Arbeitslosigkeit. Daher muss die EZB ein Gleichgewicht finden zwischen der Wahrung von Kaufkraft und der Sicherung von Wirtschaftswachstum. Hier sehen Marktbeobachter die Währungshüter in einer komplizierten Situation: »Über die Juli-Sitzung hinaus werden Anzeichen einer sich abkühlenden Wirtschaft und nachlassender Inflationsdruck die Diskussion bei der EZB darüber, wie weit man gehen soll, kontroverser machen«, zitiert der »Spiegel« den ING-Deutschland-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
SH