In den nächsten 10 Jahren wird die Automobilindustrie einen beispiellosen Wandel erleben, der mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ende der europäischen Massenhersteller wie Fiat, Opel oder auch Volkswagen bedeuten wird. Die Zukunft der Automobilindustrie wird maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Elektromobilität beeinflusst. Im Gegensatz zu China setzen die deutschen Automobilhersteller dabei größtenteils kompromisslos auf das Elektroauto, auch wenn es bei den Kunden nicht auf die – politisch gewünschte – Resonanz trifft. Im Jahr 2023 haben Elektroautos nur 14,6 Prozent der Neuzulassungen ausgemacht, weit abgeschlagen hinter Verbrennern (48,9 Prozent) und Hybriden (33,5 Prozent). Es ist fraglich, ob die einseitige Fokussierung auf Elektroautos erfolgreich sein wird. Setzt sie sich nicht durch, haben die Autohersteller ein massives Problem. Setzt sie sich durch – dann auch. Denn die Herstellung von Autos am Standort Europa ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Für die Automobilfabriken tickt die Uhr.
Besonders hart wird es die südeuropäischen Automobilhersteller treffen. In Frankreich, einem Land mit reicher Automobilgeschichte, werden in zehn Jahren traditionsreiche Marken wie Peugeot, Citroën und Renault von der Bildfläche verschwunden sein. In Spanien wird Seat ebenfalls Geschichte sein – und auch die erst jüngst etablierte Tochter Cupra. Ähnlich ergeht es Italien, der Heimat von Fiat, Alfa Romeo und Ferrari. Fiat, Lancia und Alfa Romeo werden, wie alle anderen europäischen Massenhersteller, vor unlösbaren Herausforderungen stehen. Nur Ferrari und Lamborghini können wahrscheinlich als Luxushersteller überleben.
Der Standort Deutschland verliert immer mehr an Attraktivität. Durch hohe Energiepreise, Steuern und Abgaben, Bürokratiewahnsinn, Fachkräftemangel und unzureichende Digitalisierung ist Deutschland im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Hinzu kommt eine äußerst fragwürdige Energiepolitik, die auch die Autoindustrie stark belastet. Der Chef des größten deutschen Industrieverbandes (BDI), Siegfried Russwurm, hat die Energiepolitik der Bundesregierung kürzlich als »absolut toxisch« bezeichnet. Die deutsche Klimaagenda, so Russwurm, sei »so dogmatisch wie in keinem anderen Land, das ich kenne«.
In Deutschland, dem Land, in dem der Verbrennungsmotor erfunden wurde, treffen die hohen Produktionskosten vor allem die Massenhersteller VW und Opel. Opel wird als erster aufgeben, die Marke VW wird nur noch ein Schatten seiner selbst sein. Die Premiumhersteller Audi, BMW, Mercedes und Porsche werden überleben, aber nur im hochpreisigen Luxussegment. Nicht ohne Grund wird bei Mercedes die A-Klasse schon 2025 aus dem Programm verschwinden. Von Absatzzahlen wie vor Corona, als 2016 noch über 5,7 Millionen Autos in Deutschland gebaut wurden, können die deutschen Autobauer nur noch träumen. Bereits 2023 wurden nur noch 4,1 Millionen Pkw in Deutschland produziert. In Zukunft wird aus Kostengründen immer mehr Produktion ins Ausland verlagert werden. Vor allem dorthin, wo die Energie günstiger ist.
Während in Deutschland die Produktion kontinuierlich zurückgeht, boomt sie in China. Zur Jahrtausendwende lag das Land mit einer Jahres-Produktion von 605.000 Pkw auf Platz 14 der weltgrößten Herstellerländer. Mittlerweile ist China der größte Autoherstelle der Welt. 2023 wurden dort bereits rund 30,16 Millionen Pkw und damit fast viermal so viele wie im zweitplatzierten Japan.
Der dynamische Wandel in der Automobilindustrie zeigt, dass nicht nur die Umstellung auf Elektromobilität die Zukunft der europäischen Volumenhersteller beeinflussen wird. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die wachsende Konkurrenz durch chinesische Automobilhersteller, die von günstigeren Energiepreisen, weniger bürokratischen Hürden und Umweltauflagen sowie niedrigeren Löhne profitieren. Dank dieser Wettbewerbsvorteile haben chinesische Automobilhersteller ihre Präsenz auf dem europäischen Markt in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut. Mit ihrem agilen Ansatz, effizienten Produktionsprozessen und vor allem niedrigeren Betriebskosten stellen sie eine unbestreitbare Bedrohung für etablierte europäische Marken dar.
Chinesische Autos, insbesondere Elektroautos, sind aus verschiedenen Gründen oft billiger als ihre westlichen Konkurrenten:
Während Deutschland und Europa alles auf die Karte Elektromotor setzen und in der EU voraussichtlich ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden dürfen, fährt China zweigleisig mit Elektro- und Verbrennungsmotoren. Ein Verbot von Verbrennern hat China sogar ausgeschlossen. Ob die Elektrostrategie der deutschen und europäischen Automobilhersteller aufgeht und Verbrennungsverbote in großen Ländern wie den USA, Indien, Russland sowie in den Ländern Südamerikas, Afrikas und Südostasiens tatsächlich kommen, ist dagegen fraglich. Derzeit sieht es nicht danach aus. Unabhängig davon, ob die automobile Zukunft rein elektrisch oder nur teilweise elektrisch sein wird – Deutschland als Standort für automobile Volumenhersteller wird im internationalen Wettbewerb klar verlieren.
Die Ära der Großserienproduktion von Automobilen geht zweifellos zu Ende. Die Auswirkungen werden nicht nur die Branche, sondern ganze Standorte prägen. Der Verlust vieler überdurchschnittlich gut bezahlter Arbeitsplätze wird nicht nur die Arbeitnehmer treffen, sondern auch weitreichende Folgen für den Immobilienmarkt haben. Insbesondere Eigentümer in Automobilzentren wie beispielsweise Wolfsburg sollten sich genau überlegen, wann der optimale Zeitpunkt für den Verkauf ihrer Immobilien gekommen ist.