Derzeit stehen dem deutschen Arbeitsmarkt rund 46,4 Millionen Erwerbstätige zur Verfügung. Nach einer Berechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird diese Zahl durch den demografischen Wandel künftig aber sinken. »Wir steuern auf eine dramatische Situation zu«, wird Studienautor Holger Schäfer in einem Bericht des Onlinemagazins »t-online« zitiert. Dem IW zufolge wird die Zahl der Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 64 Jahren bis 2035 um drei Millionen auf 50,1 Millionen sinken. Darin berücksichtigt ist bereits eine angenommene Netto-Zuwanderung von jährlich 420.000 Personen bis 2023 und 320.000 Menschen pro Jahr bis 2035. Das werde sich durch verminderte Steuereinnahmen negativ auf die Staatskasse auswirken, hinzu komme der Fachkräftemangel, der für manche Unternehmen jetzt schon ein Problem sei.
Auf die Arbeitslosigkeit werden diese Zahlen aber weniger Effekt haben, als erwartet. Laut Schäfer werde es aufgrund von Jobwechseln immer kurzweilige Arbeitslosigkeiten geben, zudem passten Stellen und Bewerber nicht immer zu 100 Prozent zusammen. Man müsse deshalb die Zuwanderung erhöhen, die Arbeitszeit ausweiten, das Renteneintrittsalter erhöhen oder die sinkende Zahl der Erwerbstätigen mit technologischem Fortschritt kompensieren. Die Prozesse seien jedoch langwierig und würden die Probleme kurzfristig nicht lösen.
Laut der Studie müsste es einen jährlichen Zuwachs von 400.000 Erwerbstätigen pro Jahr geben. Weil aber eine Million Menschen pro Jahr Deutschland verlassen, müsste sich die Zahl der Einwanderer auf fast 1,5 Millionen erhöhen. Allerdings habe sich das Wohlstandsgefälle in Europa verändert, Deutschland sei nicht mehr so attraktiv für Einwanderer und viele Nachbarländer hätten ebenfalls immer mehr mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. »Es gibt die Annahme, dass im Ausland eine Art Reservearmee von Fachkräften existiert, die nur darauf wartet, in Deutschland arbeiten zu dürfen. Aber das ist ein gewaltiger Irrtum«, sagt Holger Schäfer. Dem eigentlich liberalen Einwanderungsgesetz in Deutschland stünden bürokratische Hürden gegenüber.
MK