„Die Beschlüsse des Krisengipfels sind enttäuschend. Es ist richtig, nicht überstürzt zu öffnen. Aber das Fehlen eines Stufenplanes ist sehr bedauerlich. Es wäre nun an der Zeit gewesen, klar vorzulegen, bei welchen Kennziffern welche weiteren Öffnungen möglich werden. Damit hätte man den schwer betroffenen Unternehmen und der zunehmend frustrierten Bevölkerung Perspektiven geben können.
Sehr bedauerlich ist auch, dass es immer noch keine wirkliche Teststrategie in Deutschland gibt. Hier liegt das Land sehr deutlich hinter vielen anderen EU-Staaten zurück. Gerade weil die Impfungen sich verzögern und weil Virusmutationen im Spiel sind, wäre eine massive Testoffensive sinnvoll. Damit könnte man nachweislich infizierten Personen unter Auflagen Freiheiten zurückgeben, und man erhielte wertvolle Informationen über die tatsächliche Infektionsrate. So könnte man auch die wirtschaftlichen Schäden reduzieren. Es ist schade, dass dafür offenbar der Mut fehlte.
Dass nach der monatelang favorisierten 50er-Inzidenzrate nun eine neue Rate von 35 ausschlaggebend sein soll, trägt die Gefahr, die Bevölkerung zu entmutigen.
Ein stärker regionalisierter Ansatz ist grundsätzlich zu begrüßen, aber ohne Stufenplan ist er wenig wert. Dass Schulöffnungen priorisiert werden und die Länder darüber entscheiden, ist positiv, aber auch hier wäre es sinnvoll gewesen, gemeinsame Inzidenzwerte festzulegen, nach denen auf Kreisebene der Schulbetrieb Schritt nach Schritt wieder aufgenommen wird.
Was die Unternehmenshilfen angeht, so ist abzuwarten, ob und wie schnell nun tatsächlich die versprochenen Abschlagszahlungen fließen. Weitere Verzögerungen bei der Auszahlung sind nicht hinnehmbar. Allerdings ändert eine raschere technische Abwicklung der Hilfen nichts an der grundsätzlich falschen Ausrichtung der Hilfsarchitektur, die zu häufig nur den Banken, Leasinggesellschaften und Immobiliengesellschaften hilft, nicht aber den Unternehmern selbst.“