In der Krise ist es verständlich, dass die verschiedenen Parteien an einem Strang ziehen, doch sollten die Maßnahmen aufgehoben werden und nach Kuhle und Schäffler vom Bundestag selbst überprüft, verbessert und als Gesetz neu beschlossen werden. „Denn so richtig das gemeinsame Handeln am Anfang der Pandemie-Bekämpfung war, so sehr muss uns der politische Streit als Kern des freiheitlich-demokratischen Systems erhalten bleiben“.
Die Übereinstimmung der meisten Parteien in der Anfangsphase und in der Bekämpfung des Corona-Virus scheint als eine willkommene Abwechslung und als „attraktives Gegenkonzept“ zum sonst eher streitenden Parlament. Kuhle und Schäffler sprechen sich dafür noch aus, dass Streit der Sinn der Sache sei und „erst die Ausdehnung einer Gesetzesberatung auf drei Lesungen über mehrere Wochen ermöglicht es, Expertinnen und Experten bei einer Anhörung einzubeziehen, Diskussionen in den Ausschüssen und Fraktionen zu führen und einem Gesetz im Parlament einen politischen Stempel aufzudrücken.“
„Ein Parlament, das auf diese Instrumente verzichtet, weil es Vorlagen möglichst schnell durchpeitschen will, entmachtet sich selbst.“ Das Parlament soll in erster Linie mit den 709 gewählten Interessensvertretern der Bevölkerung in deren Interesse arbeiten und streiten. Eine Schwächung des Parlamentarismus schwächt auch die „unterschiedlichen Interessen, Sorgen und Wünsche aus der Bevölkerung“ die in die Politik getragen werden sollen.
Zu einer „demokratischen Stabilitätsstruktur“ gehört in Deutschland auch, dass vor allem die Opposition ihre Parlamentsrechte wahrnehmen kann. Nach Kuhle und Schäffler kann sie diese Aufgabe aber nicht ausüben und die beiden bezeichnen es als „eine Farce, dass Fragen an die Bundesregierung für die Fragestunde am Mittwoche einer Sitzungswoche weiterhin vorab schriftlich eingereicht werden müssen, damit der zuständige Parlamentarische Staatssekretär eine Antwort vorlesen kann.“