Politik

Subventionen für die Landwirtschaft sind nicht mehr zeitgemäß

5 Min.

09.02.2016

Gotthilf Steuerzahler |

Wenn es um das Eintreiben von Steuern geht, versteht unser Staat keinen Spaß. Schließlich braucht er das Geld, um die vielen dem Wählerstimmenkauf dienenden Wohltaten zu finanzieren und die große Umverteilungsmaschinerie am Laufen zu halten. Aber es gibt einen Bereich, der vom Steuergesetzgeber und auch von der Finanzverwaltung sehr großzügig behandelt wird, das ist die Landwirtschaft. Als normaler Steuerzahler kann man über das Wohlwollen, welches den Bauern entgegengebracht wird, nur staunen.

Die Vorzugsbehandlung der Landwirtschaft erklärt sich aus der großen Bedeutung, die dieser Wirtschaftszweig einstmals hatte. Nach den Hungerjahren der Kriegs- und Nachkriegszeit war die Sicherstellung der Ernährung in der Frühzeit der Bundesrepublik von großer Bedeutung. Auch war die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft hoch, die Bauernlobby hatte erheblichen Einfluss auf die Politik.

Seitdem ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe stark zurückgegangen, ebenso die Zahl der dort Beschäftigten. Waren früher viele Gegenden Deutschlands von kleinen bäuerlichen Familienbetrieben geprägt, bestimmen heute Großbetriebe überall das Bild. Politisch spielt die Landwirtschaft keine Rolle mehr. Was sich jedoch nicht geändert hat, ist ihre starke Abhängigkeit von staatlichen Transferzahlungen. Mehr als die Hälfte der Einnahmen, welche die landwirtschaftlichen Betriebe erzielen, stammen aus öffentlichen Kassen (Land, Bund, EU).

Pauschale Gewinnermittlung bei Kleinbetrieben

Bei der Besteuerung der landwirtschaftlichen Einkünfte ist es unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, den Gewinn pauschal nach Durchschnittssätzen zu ermitteln. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen ist als eine vereinfachte, pauschalierende Methode gedacht, sie soll kleinere landwirtschaftliche Betriebe von Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten befreien.

Wichtigste Voraussetzung für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist, dass die selbst bewirtschaftete Fläche 20 Hektar nicht überschreitet. Die zugrunde zu legenden Durchschnittssätze sind unrealistisch niedrig, so dass sich bei Anwendung dieser Methode besonders niedrige Gewinne ergeben, welche dann zu versteuern sind. Durch die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen will die Politik kleinere, zumeist im Nebenerwerb geführte landwirtschaftliche Betriebe steuerlich begünstigen. Viele Jahre lang wurde die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen konsequenterweise auch in den Subventionsberichten der Bundesregierung aufgeführt. Mehr als ein Viertel aller landwirtschaftlichen Betriebe nimmt diese Gewinnermittlungsart in Anspruch.
 
Bei den Flächenangaben wird gemogelt

Es versteht sich von selbst, dass für Landwirte ein großer Anreiz besteht, die Obergrenze von 20 Hektar selbst bewirtschafteter Fläche nicht zu überschreiten. Da wird schon mal getrickst, indem beispielsweise Flächen auf die Kinder übertragen werden oder hinzugepachtete Flächen „vergessen“ werden. Die Landwirte sind verpflichtet, in ihrer Steuererklärung Angaben zu der bewirtschafteten Fläche machen.

Auch wenn die Bauern Agrarsubventionen beantragen, müssen sie detaillierte Angaben zu den bewirtschafteten Flächen machen. Dabei gilt, dass es für größere Flächen in aller Regel mehr Geld gibt. Hier besteht demnach ein Anreiz, möglichst viele Hektar anzugeben. Irgendwann kam in einem süddeutschen Bundesland ein misstrauischer Mensch auf den Gedanken, die Flächenangaben der Landwirte beim Finanzamt mit den Flächenangaben gegenüber der subventionsgewährenden Landwirtschaftsverwaltung zu vergleichen. Und siehe da, die Flächen stimmten in vielen Fällen (15 Prozent der Stichprobe) nicht überein!

Steht der Datenschutz einem Datenabgleich im Wege?

Daraufhin entspann sich eine lebhafte Diskussion darüber, ob denn ein Datenabgleich zwischen den Finanzämtern und der Landwirtschaftsverwaltung überhaupt zulässig sei. Stehe dem nicht der Datenschutz entgegen, bedürfe es nicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage für einen Austausch der Daten?

Weder die Finanzverwaltung noch die für die Agrarsubventionen zuständige Landwirtschaftsverwaltung des Bundeslandes waren sonderlich daran interessiert, die Mogeleien der Landwirte bei den Flächenangaben aufzudecken. Vielmehr verschanzten sich beide Verwaltungen zunächst hinter datenschutzrechtlichen Bedenken. Erst nach langem Hin und Her änderten die beteiligten Behörden schließlich ihre Auffassung. Nunmehr werden die Daten der Landwirtschaftsverwaltung routinemäßig an die Finanzämter übermittelt.

Sonderregelung für die Landwirtschaft bei der Umsatzsteuer

Auch bei der Umsatzsteuer hat sich der Gesetzgeber eine Vorzugsbehandlung der Landwirtschaft ausgedacht. Aufgrund einer Sonderregelung dürfen sie auf ihre Lieferungen und Leistungen einen besonderen Umsatzsteuersatz aufschlagen, den sogenannten Durchschnittssatz. Er liegt zurzeit bei 10,7 Prozent. Die eingenommene Steuer müssen die Landwirte allerdings nicht an das Finanzamt abführen. Der zusätzliche Erlös soll vielmehr pauschal die Vorsteuer ausgleichen, mit der die Landwirte finanziell belastet sind.

Wie nicht anders zu erwarten, nehmen 70 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe diese Sonderregelung in Anspruch, nur 30 Prozent entscheiden sich für die reguläre Umsatzbesteuerung. Natürlich profitieren die Landwirte finanziell von dieser Sonderregelung, da sie regelmäßig mehr Umsatzsteuer kassieren als sie an Vorsteuer gezahlt haben. Ein kleines Bonbon für unsere Bauern!

Das gesamte Steuerrecht sollte radikal vereinfacht werden!

Die Zeiten sind vorbei, in denen viele kleine Betriebe das Bild der deutschen Landwirtschaft prägten. Die ungewöhnliche Großzügigkeit des Gesetzgebers bei der Besteuerung der Landwirtschaft ist nicht mehr zeitgemäß. Warum sollen für Einkünfte aus der Landwirtschaft andere Spielregeln gelten als für alle anderen Einkunftsarten? Schließlich gibt es im Steuerrecht ja den Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Danach sind die Steuerpflichtigen bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern.

Es spricht nichts gegen sachgerechte Pauschalierungen, welche den Steuerpflichtigen wie der Finanzverwaltung das Leben erleichtern. Derartige Pauschalierungen dürfen aber nicht dazu dienen, einen bestimmten Wirtschaftszweig wie hier die Landwirtschaft unter der Hand zu begünstigen. Insofern wäre es an der Zeit, das gesamte deutsche Steuerrecht mit Blick auf Vereinfachungsmöglichkeiten radikal zu vereinfachen. Aber auf eine derartige Steuerreform wartet diese Republik schon seit Jahrzehnten.

Bild: Sascha Hübers, Pixelio

Nach oben