Rendite am Immobilienmarkt: Alles, außer bauen

Rendite am Immobilienmarkt: Alles, außer bauen Bild: Stephan Gerlach

Inflation, Zinsanstieg, die Baubranche am Boden: Der Immobilienmarkt ist turbulent wie noch nie. Doch langfristig bleibt die Immobilie ein interessantes Investment, wenn man sich gut informiert. Welche Risiken Privatanleger nicht übersehen dürfen, erklärt Immobilienexperte Stephan Gerlach. In unserem Interview zeigt er auf, welche Strategien und auch, welche Wohnformen in Zukunft Rendite versprechen.

Herr Gerlach, welche Immobilien bieten aktuell die besten Chancen, eine gute Rendite zu erzielen?

Wohnimmobilien in attraktiven B- und C-Lagen. Dabei handelt es sich vor allem um die Umlandgebiete von größeren Städten, aber auch um kleinere Städte mit zumindest konstanter Bevölkerungsentwicklung. Hier besteht eine hohe Nachfrage nach Wohnraum. Die Kaufpreise stehen aber noch in einem günstigeren Verhältnis zu den Mieten als in den Top-Lagen und ermöglichen so eine höhere Mietrendite sowie einen besseren Hebel durch den geringeren Eigenkapitaleinsatz.

Standorte mit Uni oder Fachhochschule sind besonders attraktiv für junge Menschen. Gute Infrastruktur und ansprechende Arbeitgeber vor Ort sind Indikatoren für eine positive Entwicklung. Dabei macht es absolut Sinn, mehrere Wohnungen zu kaufen und ein Portfolio aufzubauen. Durch diese Diversifikation lässt sich das Risiko streuen und mit einer guten Strategie das definierte Ziel von beispielsweise Reduzierung der Arbeitszeit, früherer Rente oder Vermögensaufbau fürs Alter am sichersten erreichen.

Wie schätzen Sie die Zukunft des privaten Wohnungsbaus ein?

Die aktuelle Lage am Immobilienmarkt ist geprägt von Zinsen, politischer Ungewissheit und hohen Baukosten. Diese Faktoren hemmen die Projektentwicklung, die ohnehin lange dauert, da sie an viel Bürokratie gebunden ist. Selbst, wenn sich die Rahmenbedingungen verbessern, werden noch Jahre vergehen, bis neue Wohnungen entstehen, weil Baugenehmigungen und Planungszeiten einen langen Vorlauf erfordern.

Dagegen hat die Sanierung von Bestandsimmobilien mehr Vorteile und Planbarkeit, da hier kontinuierlich Mieteinnahmen generiert werden und der Entwicklungszeitraum kurzfristiger ist. Die Nachfrage wird aufgrund der demografischen Entwicklung weiter steigen, insbesondere der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften führt zu Zuwanderung aus dem Ausland und somit zu mehr Bedarf an Wohnraum. Da die Baukosten ein Niveau erreicht haben, das eine rentable Vermietung ausschließt, wird sich der Markt anpassen müssen. Mittelfristig werden die Baukosten aber durch technologische Innovationen wie 3D-Druck und modulares Bauen wieder sinken. Diese Optionen können aber nicht nur dem zeitintensiven Neubau helfen, sondern auch die Sanierung von Bestandsimmobilien noch günstiger gestalten.

Wie sehen Wohnformen künftig aus und was macht das mit dem Markt, bzw. wie können Anleger vorausschauend passende Strategien entwickeln?

Dank des Internets hat ein Großteil der Menschen Zugriff auf dieselben Informationen, aber sie müssen wissen, wie sie diese richtig nutzen und interpretieren können. Die Nachfrage nach kleinen Wohneinheiten und alternativen Wohnkonzepten wie WG-Zimmern steigt stetig an, da es immer mehr Singlehaushalte gibt. Außerdem ermöglicht die Digitalisierung mehr Homeoffice und Menschen müssen zum Beispiel nur noch zwei Tage pro Woche zum Arbeitsplatz fahren, sodass sie auch weiter weg mit ihrer Familie wohnen und vor Ort nur ein kleines Apartment oder Zimmer haben können. Das eröffnet neue Möglichkeiten in der Sondervermietung. Durch Co-Living-Modelle können Mieter zum Beispiel Kosten und Aufwand reduzieren.

Das große Einfamilienhaus kommt aus diversen Gründen für viele Menschen nicht mehr in Frage. Es sind die hohen Kosten, alternative Lebensmodelle und ökologische Gedanken. Es eignet sich auch selten als Kapitalanlage, da ein Mieter anders mit einem Garten umgeht, als es dem Besitzer vielleicht lieb ist. Wenn einem das Grundstück nicht gehört, tut man sich aber auch schwer, dort massiv zu investieren oder sprichwörtlich einen Baum auf fremden Grund zu pflanzen. Für den Besitzer bedeutet eine Dachsanierung oder defekte Heizung ein Klumpenrisiko, da er die Kosten allein stemmen muss.

Der Trend zu mehr individuellen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern bietet auch Anlegern eine Risikodiversifizierung in einem weiterhin nachgefragten Segment. Dabei ist es wie immer wichtig, auf Regionen mit guter Entwicklungssausicht zu achten. Ist die Bevölkerung überaltert, gibt es starken Abzug oder hängt die gesamte Region nur von einem Arbeitgeber ab? Das wären alles Risiken, die sich in einem günstigeren Kaufpreis und höherer Rendite bemerkbar machen müssen. In Regionen, wo die Infrastruktur wegfällt, es keine Ärzte mehr gibt und Schulen schließen, wird eine Wiederbelebung kaum möglich sein, junge Familien werden sich dort nicht ansiedeln. Somit sollte man schauen, wohin die Abwanderungssalden führen und in den Gebieten investieren, die junge Menschen anziehen und entsprechend zukünftig weiter steigende Mieten und Kaufpreise versprechen.

Verwaltung, Instandhaltung, Rücklagen – ein Haus kostet Geld, das mindert die Rendite. Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach sinnvoll, um diese Kosten zu senken?

Experten bringen den größten Nutzen. Eine gute Verwaltung mag teuer erscheinen, aber wenn man selbst die Arbeit macht und seinen Lohn oder die Freizeitkosten berücksichtigt, ist das keine günstige Lösung. Ein Experte macht alles schneller und besser, aufgrund seiner Erfahrung kann er die Ressourcen optimal nutzen.

Die Kosten einer Immobilie hängen von der Planung ab: Für eine alte Immobilie zahlt man weniger, hat aber höhere Instandhaltungs- und Sanierungskosten. Für eine sanierte Immobilie zahlt man mehr, hat aber niedrigere Bewirtschaftungskosten. Das muss jeder nach seiner Strategie entscheiden und es gibt Vor- und Nachteile. Die typische Frage hier lautet: Habe ich gerade viel zu versteuerndes Einkommen und Liquidität, die ich jetzt nutzen möchte, und will ich später bei einem niedrigeren Steuersatz dagegen höhere Einkommensströme haben? Hier sollte man sich von einem Experten helfen lassen, der Erfahrung mit verschiedensten Konstellationen hat und die richtigen Fragen stellen kann.

Welche Förderungen und Steuervorteile sollten Anleger kennen?

Die politischen Entwicklungen haben viel Unklarheit und Unzufriedenheit in die Förderlandschaft gebracht. Trotzdem ist es nach wie vor attraktiv, energetische Maßnahmen durchzuführen und sich dafür die Förderprogramme und die teilweise Umlagefähigkeit der Kosten auf den Mieter zunutze zu machen.

Es ist in Deutschland ein besonderes Recht, privat gehaltene Immobilien nach zehn Jahren steuerfrei zu veräußern. Man kann bis dahin alle Kosten geltend machen, Förderungen beanspruchen und es erfolgt am Ende keine Verrechnung der Kosten und Erträge. Das ist aber weitgehend bekannt.

Eine besonders reizvolle aber weniger verbreitete Möglichkeit ist die Abschreibung, die sich durch ein Restnutzungsdauergutachten über die Standardwerte hinaus steigern lässt. Normalerweise werden bei Wohnimmobilien, die nach 1924 errichtet wurden, 50 Jahre Nutzungsdauer angenommen, was einer Abschreibung von zwei Prozent pro Jahr auf den Gebäudeanteil entspricht. Diese pauschale Annahme lässt sich jedoch durch ein Gutachten ändern, wenn von einer kürzeren Zeitspanne ausgegangen werden muss, weil beispielsweise energetische Maßnahmen oder Gewerke früher erneuert werden müssen. Selbst, wenn später eine Sanierung stattfindet, bleibt der ursprünglich festgesetzte höhere Abschreibungssatz erhalten. Dieses bietet oft auch die Chance, später weitere Potenziale auszuschöpfen. Wir nutzen diese Möglichkeit aktiv bei unseren Objekten, um unseren Kunden durch direkte Festsetzung in der Lohnsteuer monatlich einen Liquiditätsvorteil zu verschaffen.

MK

Unser Gesprächspartner: Stephan Gerlach ist CEO der Gerlach Group, Immobilienexperte und Vorstand der Hanseatischen Wohnungsgenossenschaft.

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